Peter Kiesgen, Dr. iur. Jan Grawe
Rz. 618
Die Erstattungsfähigkeit der Anschaffungs- und Reinigungskosten für Dienstbekleidung des Arbeitnehmers gem. § 670 BGB ist abhängig von dem Zweck, dem die Kleidung zu dienen bestimmt ist. Zu unterscheiden ist dabei zwischen Arbeits- und Schutzbekleidung.
Rz. 619
Schutzbekleidung soll den Arbeitnehmer vor den besonderen Einflüssen oder Gefahren am Arbeitsplatz, mithin vor Temperatur, Nässe, Lärm, gefährlichen Gasen oder Stoffen oder anderen gesundheitlichen Gefahren schützen oder ist aus Gründen der Hygiene erforderlich. Ist aufgrund von Unfallverhütungs- oder Hygieneschutzvorschriften das Tragen entsprechender Schutzkleidung vorgegeben, so ist diese gem. §§ 618, 619 BGB von dem Arbeitgeber auf eigene Kosten zu beschaffen und bereitzustellen. Kommt der Arbeitgeber dieser Verpflichtung nicht nach, handelt ein Arbeitnehmer, der die Schutzkleidung selbst beschafft, im Interesse des Arbeitgebers; er kann, sofern er die Selbstbeschaffung für erforderlich halten durfte, den Ersatz der aufgewandten Kosten gem. § 670 BGB verlangen. Dieser Anspruch kann vertraglich nicht abbedungen werden. Denn wenn auch der Erstattungsanspruch aus § 670 BGB dispositiv ist, handelt es sich bei § 619 BGB um zwingendes Recht; eine Vereinbarung, mit der dem Arbeitnehmer die Kostenlast für die erforderliche Schutzkleidung auferlegt werden soll, wäre daher unwirksam.
Auch die Kosten für die Reinigung der Schutzkleidung hat der Arbeitgeber zu tragen. Eine Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers ist allenfalls dann zulässig, wenn dieser die Schutzkleidung auch privat nutzen kann.
Rz. 620
Einfache Arbeitsbekleidung (auch Berufs- oder Dienstbekleidung), also die während der Arbeit zu tragende Bekleidung ohne besonderen Schutzcharakter, hat der Arbeitnehmer demgegenüber grds. auf eigene Kosten selbst zu beschaffen, zu reinigen und bei Verschleiß zu ersetzen. Gesetzliche Regelungen, die den Arbeitgeber zur Bereitstellung von Arbeitskleidung oder zur Übernahme der hierzu erforderlichen Kosten verpflichten, bestehen auch dann nicht, wenn mit der Arbeitskleidung ein dem Arbeitgeberinteresse dienendes einheitliches Bekleidungsbild geschaffen werden soll. Da der Arbeitnehmer nur in seiner Kleidung der Arbeitspflicht genügen kann und deshalb mit deren natürlichen Verschleiß rechnen muss, gehört die Bereitstellung der Arbeitskleidung zur selbstverständlichen Einsatzpflicht des Arbeitnehmers, die durch die Vergütung mit abgegolten ist und keinen Erstattungsanspruch aus § 670 BGB auslöst. Auch die Ersatzbeschaffung eines von dem Arbeitgeber bereitgestellten Kleidungsstücks begründet jedenfalls dann keinen Anspruch auf Aufwendungsersatz, wenn dem Arbeitnehmer dadurch keine höheren Kosten entstehen, als dies bei der Nutzung selbst ausgewählter Kleidung der Fall gewesen wäre.
Rz. 621
Eine differenzierte Betrachtung ist jedoch geboten, wenn der Arbeitnehmer verpflichtet wird, eine besondere, uniforme Dienstbekleidung zu tragen, die maßgeblich der Außendarstellung des Arbeitgebers zu dienen bestimmt ist. Deren Beschaffung und Erhaltung liegt im betrieblichen Interesse, so dass ein Aufwendungsersatzanspruch gegen den Arbeitgeber grds. besteht. Dieser Anspruch wird in der Praxis regelmäßig durch eine Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers modifiziert. Die Zulässigkeit einer derartigen Kostenbelastung des Arbeitnehmers hängt im Einzelfall von dem Umfang des von diesem erlangten Gebrauchsvorteils ab; entscheidend ist insbesondere, ob der Arbeitnehmer die Dienstbekleidung auch außerhalb der Arbeitszeit nutzen kann, oder ob er durch die Nutzung der Dienstkleidung zumindest Aufwendungen für eigene Kleidung erspart. Ist dies nicht der Fall, ist die Abwälzung der Bekleidungskosten auf den Arbeitnehmer unangemessen i.S.v. § 307 Abs. 1 BGB. Ebenso verstößt eine vertragliche Regelung, mit der die pauschalierten Kosten für die Reinigung und Wiederbeschaffung der arbeitgeberseitig gestellten Arbeitskleidung auch für Zeiträume erhoben wird, in denen der Arbeitnehmer etwa wegen Urlaub oder Krankheit von der Arbeitsleistung befreit oder nicht verpflichtet ist, die Berufskleidung zu tragen, gegen § 307 Abs. 1 BGB.