Martin Brock, Dr. Katja Francke
a) Hintergrund
Rz. 1672
Für Arbeitnehmer besteht während des Arbeitsverhältnisses sowohl aufgrund von § 60 HGB sowie aufgrund der vertraglichen Treuepflicht (§ 242 BGB) ein Wettbewerbsverbot. Einer ausdrücklichen Regelung im Arbeitsvertrag bedürfte es daher grundsätzlich nicht. Allerdings kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Tatsache jedem Arbeitnehmer bekannt ist. Zur Klarstellung bieten sich daher entsprechende vertragliche Klauseln an. Zudem kann ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot auch über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen, sofern ein schützenswertes berechtigtes Interesse des Arbeitgebers vorliegt. Insbesondere kann bei einer ausdrücklichen Regelung eines vertraglichen Wettbewerbsverbotes auch eine Vertragsstrafe aufgenommen werden.
b) Rechtliche Grundlagen
aa) Allgemeines
Rz. 1673
Das für die Dauer des Arbeitsverhältnisses bestehende Wettbewerbsverbot ist für Handlungsgehilfen, also kaufmännische Angestellte in § 60 HGB geregelt. Nach dieser Vorschrift darf der kaufmännische Angestellte ohne Einwilligung des Arbeitgebers kein Handelsgewerbe betreiben und im Handelszweig des Arbeitgebers keine Geschäfte für eigene oder fremde Rechnung tätigen. Für andere Arbeitnehmer und Auszubildende folgt die Pflicht, dem Arbeitgeber im selben Geschäftszweig keine Konkurrenz zu machen nach einhelliger Meinung aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 60, 61 HGB bzw. aus der allgemeinen Treuepflicht des Arbeitnehmers gem. § 242 BGB. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass für Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft ein Wettbewerbsverbot in § 88 AktG geregelt ist. Für Geschäftsführer einer GmbH besteht zwar keine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Allerdings wird auch hier während des Vertragsverhältnisses ein vertragliches Wettbewerbsverbot aus der Treuebindung hergeleitet.
Rz. 1674
Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer grundsätzlich berechtigt, die gewonnenen Fertigkeiten und Kontakte zu nutzen, auch wenn er dadurch in Konkurrenz zu seinem früheren Arbeitgeber tritt. Er darf jedoch weder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des früheren Arbeitgebers verraten noch seine Kenntnisse zu einer sittenwidrigen Schädigung gegen den Arbeitgeber einsetzen. Der Arbeitgeber kann mit dem Arbeitnehmer noch während des bestehenden Arbeitsverhältnisses ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbaren, um die Verwertung dieser Kenntnisse zumindest zeitweise zu verhindern. Die maßgeblichen Vorschriften der §§ 74 ff. HGB gelten für Arbeitnehmer im kaufmännischen Bereich direkt, für alle anderen Arbeitnehmer zumindest analog.
bb) Kaufmännische Angestellte
(1) Anwendungsbereich des § 60 HGB
(a) Personeller Anwendungsbereich
Rz. 1675
Das gesetzliche Wettbewerbsverbot gemäß § 60 Abs. 1 HGB gilt originär für Handlungsgehilfen. Handlungsgehilfen sind gemäß § 59 S. 1 HGB Personen, die in einem Handelsgewerbe zur Leistung kaufmännischer Dienste angestellt sind, demnach der heutige kaufmännische Angestellte. Auf andere Personen (gewerbliche Arbeitnehmer, Auszubildende, Handelsvertreter) wird § 60 HGB entsprechend angewendet.
(b) Zeitlicher Anwendungsbereich
Rz. 1676
Zeitlich gilt das Wettbewerbsverbot nach § 60 Abs. 1 HGB während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses. Hierbei kommt es auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses an. Daher besteht das Wettbewerbsverbot auch während einer Freistellung bis zur rechtlichen Beendigung. Dies gilt unabhängig davon, ob die Freistellung widerruflich oder unwiderruflich erfolgt.
Nach wenig überzeugender Rechtsprechung des BAG soll der Arbeitnehmer von seinem Wettbewerbsverbot freiwerden, wenn die Freistellung unter Anrechnung anderweitigen Erwebs i.S.v. § 615 S. 2 BGB erfolgt. Hierdurch erteile der Arbeitgeber konkludent sein Einverständnis mit der Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers. Zur Vermeidung einer solchen Folge sollten Arbeitgeber in die Freistellungserklärung bzw. -vereinbarung den ausdrücklichen Hinweis aufnehmen, dass das Wettbewerbsverbot für die Dauer der Freistellung aufrechterhalten bleibt.
Für den Fall einer Kündigung und eines sich anschließenden Kündigungsschutzprozesses ist maßgeblich, ob das Arbeitsverhältnis rechtlich fortbesteht oder nicht. Demnach kommt es auf das Ergebnis des Kündigungsschutzverfahrens an. Denn das Wettbewerbsverbot gilt grds. auch dann, wenn die Arbeitsvertragsparteien über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses streiten.