Martin Brock, Dr. Katja Francke
a) Allgemeines
aa) Dauer der Arbeitszeit
(1) Regelungsbefugnis der Arbeitsvertragsparteien
Rz. 490
Gemäß § 611a Abs. 1 S. 1 BGB ist der Arbeitnehmer zur Leistung der versprochenen Dienste verpflichtet. Die Zeit, innerhalb derer er seine versprochenen Dienste zu leisten hat (= Dauer der Arbeitszeit), betrifft die Hauptpflicht des Arbeitnehmers. Sie unterliegt grundsätzlich nicht dem Direktionsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO. Denn damit würden die zwingenden Regelungen über die Änderungskündigung umgangen.
Rz. 491
Von diesem Grundsatz gibt es allerdings Ausnahmen: Der Arbeitsvertrag kann einen gewissen Spielraum zur Erhöhung und Verringerung der Arbeitszeit vorsehen (vgl. Rdn 503 ff., 523); er kann die Verpflichtung zur Ableistung von Überstunden enthalten und enthält sie regelmäßig auch (vgl. Rdn 1083 ff.); und er kann die Befugnis des Arbeitgebers zur Anordnung von Bereitschaftsdienst regeln (vgl. Rdn 627 ff.).
Rz. 492
Die Dauer der Arbeitszeit wird in der Regel ausdrücklich im Arbeitsvertrag festgelegt, und zwar als Wochenarbeitszeit. Zwingend ist das allerdings nicht. Der Arbeitsvertrag kann auch die tägliche Arbeitszeit oder die Monats- oder sogar Jahresarbeitszeit festlegen. Auch die Vereinbarung einer durchschnittlichen Arbeitszeit (Beispiel: "im monatlichen Durchschnitt 150 Stunden") ist möglich; dann muss aber auch der Zeitraum, innerhalb dessen der Durchschnitt erreicht sein muss, im Arbeitsvertrag eindeutig festgelegt sein. Andernfalls ist die Klausel intransparent im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB. Koppelt eine Klausel die Dauer der Arbeitszeit ausschließlich an den Arbeitsanfall, so stellt diese Gestaltung eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Allerdings kann der Arbeitsvertrag einen gewissen Anteil der Arbeitszeit flexibilisieren (siehe unten Rdn 503 ff., 523). Von solchen Gestaltungen sind die Arbeit auf Abruf (siehe § 1b Rdn 297) und befristete Bedarfsarbeitsverhältnisse abzugrenzen; deren Zulässigkeit richtet sich nach §§ 12, 14 TzBfG.
Rz. 493
Die Dauer der Arbeitszeit gehört zu den Arbeitsbedingungen, die gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 des NachwG schriftlich niederzulegen sind. Enthält der Arbeitsvertrag dennoch keine ausdrücklichen Regelungen zur Dauer der Arbeitszeit, so muss er ausgelegt werden. In aller Regel schuldet der Arbeitnehmer dann die betriebsübliche Arbeitszeit. Eine Auslegung kann auch ergeben, dass eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden geschuldet ist. Zudem ist bei Fehlen einer (wirksamen) Vereinbarung über die Arbeitszeit im Zweifel von einem Voll- und nicht von einem Teilzeitarbeitsverhältnis auszugehen. Haben die Parteien Arbeit aus Abruf vereinbart, so muss der Arbeitsvertrag eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit vorsehen, § 12 Abs. 1 TzBfG.
Rz. 494
Bisweilen ist streitig, ob notwendige Vorbereitungshandlungen wie Waschen und Umziehen zur Arbeitszeit gehören und vergütet werden müssen. Solcher Streit wird von vornherein vermieden, wenn der Arbeitsvertrag dazu, falls solche Fragen eine Rolle spielen können, Regelungen enthält. Ohne solche Regelungen gehören Vorbereitungshandlungen grundsätzlich nicht zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit. Dies kann aber anders sein, wenn im Interesse des Arbeitgebers Dienstkleidung getragen wird und ein Umziehen wegen der Art der Dienstkleidung nur im Betrieb erfolgen kann oder die Dienstkleidung besonders auffällig ist.
Rz. 495
Auch die Behandlung von Dienstreisen außerhalb der Arbeitszeit kann Probleme aufwerfen. Das kommt vor allem bei Vertriebsmitarbeitern oder leitenden Mitarbeitern vor. Deshalb ist eine ausdrückliche arbeitsvertragliche Regelung sinnvoll (vgl. Rdn 777 ff.).
Rz. 496
Schließlich enthalten die meisten Arbeitsverträge auch noch Klauseln zur Leistung von Überstunden (siehe im Einzelnen Rdn 1083 ff.).