Martin Brock, Dr. Katja Francke
a) Allgemeines
Rz. 583
Beruflich bedingte Aufwendungen entstehen oftmals bereits vor oder im Zusammenhang mit der Begründung eines Arbeitsverhältnisses, etwa durch Bewerbungs-, Vorstellungs- und Umzugskosten (vgl. hierzu Rdn 1423 ff.). Auch während des laufenden Arbeitsverhältnisses können Aufwendungen vielfältiger Natur entstehen. Neben den bewusst erbrachten Vermögensaufwendungen, wie sie typischerweise etwa bei Bewirtungs-, Reise- und Übernachtungskosten, bei der Beschaffung von Arbeitsmitteln und Arbeitskleidung oder der Nutzung eigener Räumlichkeiten vorliegen, können auch unfreiwillig erlittene Sach- und Vermögensschäden des Arbeitnehmers ersatzfähige Aufwendungen darstellen, die von dem Arbeitgeber auszugleichen sind.
Rz. 584
Die grds. Ersatzfähigkeit beruflich bedingter Aufwendungen ergibt sich auch ohne vertragliche Regelung aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 675, 670 BGB. Es handelt sich bei berufsbedingten Aufwendungen um eine freiwillige Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen, die wie eine unentgeltliche Geschäftsbesorgung zu behandeln und dementsprechend von dem Arbeitgeber als demjenigen zu erstatten sind, in dessen Interesse die Aufwendungen erbracht worden sind. § 670 BGB enthält insoweit einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der auch im Arbeitsrecht grds. Anwendung findet. Der Aufwendungsersatz hängt jedoch davon ab, dass die im Fremdinteresse erbrachten Aufwendungen nicht anderweitig vergütet werden; ein Anspruch auf Aufwendungsersatz besteht daher nicht, wenn die Aufwendungen aufgrund vertraglicher Vereinbarung durch das Arbeitsentgelt bereits mit abgegolten sind. Voraussetzung des gesetzlichen Anspruchs auf Aufwendungsersatz ist im Übrigen allein, dass die Aufwendungen bei der Ausführung der dem Arbeitnehmer übertragenen Tätigkeit, auf Veranlassung des Arbeitgebers oder als notwendige Folge der Arbeitsausführung entstanden und nicht der allgemeinen Lebensführung des Arbeitnehmers zuzurechnen sind. Ob die Aufwendungen objektiv erforderlich gewesen sind, ist für den Erstattungsanspruch unerheblich; ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer sie subjektiv für erforderlich halten durfte; die Beweislast hierfür trägt der Arbeitnehmer. Für vorhersehbare Aufwendungen kann der Arbeitnehmer einen entsprechenden Vorschuss verlangen, da es nicht zu den arbeitsvertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers gehört, eigenes Vermögen für betriebliche Zwecke zu verauslagen.
Rz. 585
Der Aufwendungsersatz ist, soweit die Aufwendungen ausschließlich oder zumindest weit überwiegend durch die Belange des Arbeitgebers bedingt und nicht den allgemeinen Lebenshaltungskosten des Arbeitnehmers zuzurechnen sind, ein echter durchlaufender Posten; er ist damit keine Gegenleistung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und insoweit auch dann nicht als Arbeitsentgelt anzusehen, wenn er pauschaliert gewährt wird. Der Aufwendungsersatz ist deshalb weder im Krankheitsfall fortzuzahlen, noch unterliegt er der Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht. Auch die allgemeinen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in das Arbeitsentgelt sind nicht anwendbar; der Aufwendungsersatz gehört vielmehr als Aufwandsentschädigung i.S.d. § 850a Nr. 3 ZPO zu den unpfändbaren Bezügen. Gleichermaßen ist (echter) Aufwendungsersatz weder eine wesentliche Arbeitsbedingung i.S.v. § 10 Abs. 4 AÜG noch ist er auf Mindestlohnansprüche anzurechnen.
Rz. 586
Die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zum Ersatz von Aufwendungen kann vertraglich modifiziert oder ausgeschlossen werden. § 670 BGB ist dispositives Recht, so dass arbeitsvertragliche Vereinbarungen über die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen in weitem Umfang zulässig sind. Sie dienen insbesondere der Rechtssicherheit über Art und Umfang der erstattungsfähigen Aufwendungen, können die gesetzlichen Ersatzansprüche jedoch ebenso erweitern wie begrenzen. Auch durch betriebliche Übung kann ein über § 670 BGB hinausgehender Erstattungsanspruch begründet werden.