Martin Brock, Dr. Katja Francke
a) Allgemeines
Rz. 675
Beweislastvereinbarungen dienen der Veränderung der gesetzlichen oder richterrechtlich entwickelten Darlegungs- und Beweislast im weitesten Sinne, indem sie die Beweislast umkehren, die Beweisführung erleichtern oder erschweren, oder den Beweis bestimmter Tatsachen gänzlich ausschließen. Als Prozessvereinbarungen sind Vereinbarungen über eine Abweichung von den geltenden Beweislastregelungen grds. zulässig. Allerdings sind die Regelungen zur Beweislastverteilung letztlich Ausdruck eines materiellen Gerechtigkeitsgebots, so dass hiervon abweichende Beweislastvereinbarungen nicht schrankenlos möglich sind. Im Arbeitsrecht ergibt sich eine Begrenzung bereits aus der häufig fehlenden Dispositivität der betreffenden Norm, da zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht auch durch Beweislastvereinbarungen nicht eingeschränkt oder beseitigt werden kann. Seit der Schuldrechtsreform ist zusätzlich das Klauselverbot des § 309 Nr. 12 BGB zu beachten, dessen Anwendung auch arbeitsrechtliche Besonderheiten nicht entgegenstehen.
Rz. 676
Verbreitet sind Beweislastvereinbarungen insbesondere im Zusammenhang mit der Haftung des Arbeitnehmers (vgl. hierzu Rdn 1078 ff.). Auch die vertragliche Fingierung bestimmter Tatsachen (vgl. hierzu Rdn 858 ff.) beinhaltet eine Form der Beweislastvereinbarung, da sie dem Vertragspartner den Beweis des Gegenteils auferlegt. Üblich sind schließlich auch Tatsachenbestätigungen, die bestimmte Erklärungen des Vertragspartners zum Gegenstand des Vertrages machen sollen.
b) Formulierungsbeispiele
Rz. 677
Tatsachenbestätigung
Der Arbeitnehmer erklärt ausdrücklich, dass seine Eignung für die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit nicht durch gesundheitliche Einschränkungen gemindert ist.
Variante 1
Der Arbeitnehmer bestätigt mit seiner Unterschrift, eine vom Arbeitgeber unterzeichnete Ausfertigung des Vertrages erhalten zu haben.
Variante 2
Mündliche Nebenabreden wurden nicht getroffen.
c) Erläuterungen
aa) Zulässigkeit von Tatsachenbestätigungen
Rz. 678
Tatsachenbestätigungen sollen bewirken, dass eine bestimmte Erklärung, ein Rechtsverhältnis oder ein bestimmtes Wissen als zutreffende Tatsache unterstellt wird. Sie sind in Formularverträgen aufgrund des absoluten Klauselverbots in § 309 Nr. 12 S. 1 lit. b BGB immer dann unzulässig, wenn sie die Beweislast des Vertragspartners nachteilig verändern. Dies ist nach dem Schutzzweck der Norm nicht nur bei einer echten Beweislastumkehr der Fall, sondern bereits dann, wenn die Beweislast faktisch zum Nachteil des Arbeitnehmers verschoben wird. Eine Beweislastverschiebung kann jedoch nur bei Tatsachen von rechtlich erheblicher Auswirkung eintreten. Damit hängt die Wirksamkeit einer Tatsachenbestätigung von der rechtlichen Relevanz der bestätigten Tatsache ab; fehlt es hieran, ist die Klausel zwar wirksam, aber überflüssig, da sie lediglich deklaratorischen Inhalt besitzt.
bb) Bestätigung der gesundheitlichen Eignung
Rz. 679
Die Bestätigung der gesundheitlichen Eignung soll dem Arbeitgeber die Anfechtung des Arbeitsvertrages erleichtern, wenn sich nachträglich herausstellen sollte, dass die Eignung des Arbeitnehmers bereits bei Vertragsschluss objektiv gefehlt hat. Da durch diese Tatsachenbehauptung eine entsprechende Erklärung des Arbeitnehmers unterstellt wird, ist die Beweissituation des Arbeitgebers verbessert, der anderenfalls eine arglistige Täuschung durch den Arbeitnehmer anderweitig darlegen und beweisen müsste. In Formularverträgen ist eine solche Bestätigung daher unwirksam, obgleich diesbezügliche Fragen des Arbeitgebers nach bisheriger Rechtsprechung von einem berechtigten Interesse getragen sind und wahrheitsgemäß beantwortet werden müssen, sofern sie nicht ausnahmsweise eine Erkundigung nach einer Behinderung beinhalten. Als Alternative bietet sich an, den Arbeitnehmer die Frage nach seiner gesundheitlichen Eignung außerhalb des Arbeitsvertrages in einem Fragebogen beantworten zu lassen, oder den Arbeitsvertrag insgesamt unter die Bedingung einer positiven ärztlichen Einstellungsuntersuchung zu stellen.
cc) Bestätigung des Empfangs einer Urkunde
Rz. 680
Mit der Empfangsbestätigung bestätigt der Arbeitnehmer, eine vom Arbeitgeber unterzeichnete Vertragsausfertigung tatsächlich erhalten zu haben. In Fällen, in ...