Martin Brock, Dr. Katja Francke
a) Allgemeines
Rz. 718
Der Begriff "Compliance" stammt aus dem amerikanischen Recht und beschreibt, dass sich Unternehmen gesetzeskonform und rechtmäßig verhalten. Gegenstand von Compliance ist damit die Sicherstellung rechtskonformen Handelns durch das Management. Bei Compliance handelt es sich um ein unternehmensinternes System und eine betriebliche Organisation zum Management des rechtskonformen Verhaltens der Mitarbeiter und des Unternehmens. Damit haben Compliance-Regelungen insbesondere eine Schutzfunktion für das Unternehmen und seine Verantwortungsträger. In Deutschland ist die praktische Bedeutung unternehmensinterner Compliance-Organisation unter dem Einfluss aus den USA, aber vor allem auch vor dem Hintergrund von Strafverfahren zu strukturellen Korruptionssachverhalten enorm gewachsen.
Dabei ist der Corporate Governance Codex hierbei von besonderer Bedeutung. Er stellt einen sog. "Code of Best-Practice" dar; der Begriff der Compliance wird unter Nr. 4.1.3 dahingehend definiert, dass der Vorstand für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und der unternehmensinternen Richtlinien zu sorgen sowie auf deren Beachtung durch die Konzernunternehmen hinzuwirken hat
Arbeitsrechtlich hat Compliance zwei Dimensionen: Erstens zählt Arbeitsrecht zu den Gegenständen von Compliance, d.h. zu den Regeln, deren Einhaltung das Unternehmen zur Vermeidung von Verstößen gegen öffentliches Recht oder Strafrecht achten muss, wie etwa das Arbeitszeitrecht, das Arbeitssicherheits- und Arbeitsschutzrecht, das Arbeitnehmerdatenschutzrecht, das Arbeitnehmerüberlassungsrecht, das Aufenthaltsrecht und insbesondere das Sozialversicherungs- sowie das Lohnsteuerrecht. Nur ausnahmsweise zählen dazu Regeln des Privatrechts, wie z.B. das Gleichbehandlungsrecht nach dem AGG oder das Recht des Persönlichkeitsrechtsschutzes. Zweitens stellt das Arbeitsrecht die rechtlichen Instrumente zur Verfügung, mit denen Unternehmen verbindlich gegenüber ihren Mitarbeitern Compliance-Regeln einführen. Auch bei der Kontrolle von Compliance-Regeln und bei der Reaktion auf Verstöße wird das Arbeitsrecht mit seinen Instrumentarien herangezogen. Insofern ist das Arbeitsrecht entscheidend für die Verfahren und die Arbeit der Compliance-Organisation im Unternehmen.
b) Arbeitsrechtliche Compliance
Rz. 719
Im Rahmen einer arbeitsrechtlichen Compliance ist eine sorgfältige Risikoanalyse erforderlich, die sowohl von der Branche als auch von den Besonderheiten des konkreten Unternehmens beeinflusst wird. Erst dann ist feststellbar, welche Regeln vom Unternehmen zu beachten sind. Bei allen arbeitsrechtlichen Compliancemaßnahmen ist insbesondere das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu beachten, das seine Ausprägung im AGG findet. Wesentlich für ein wirksames Compliance Konzept ist zudem das Bestimmen klarer Zuständigkeiten und Kompetenzen, bis hin zur Ernennung eines verantwortlichen Compliance-Officers.
Die Implementierung neuer Verhaltensregeln als wesentlicher Bestandteil einer Compliance Struktur ist dabei besonders entscheidend. In diesem Zusammenhang ist besonders die Einführung von Ethik-/Verhaltensregeln (code of conduct) genau zu prüfen, ihre Rechtmäßigkeit kann problematisch sein. Hier bedarf es einer genauen Kontrolle der Regeln am Maßstab des individuellen Persönlichkeitsrechts. Zu weitgehend sind etwa Vorgaben, die ausschließlich den privaten Bereich des Arbeitnehmers betreffen, ohne sich im betrieblichen Bereich auszuwirken, denn das außerdienstliche Verhalten des Arbeitnehmers ist den Weisungen des Arbeitgebers entzogen. Das gilt etwa für Klauseln, die Mitarbeitern eines Unternehmens allgemein verbieten, gemeinsam auszugehen oder private Liebesbeziehungen zu unterhalten. Anderseits besteht ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers im Einzelfall zu entscheiden, ob Lebenspartner weisungsabhängig miteinander arbeiten sollen und er muss daher erfahren, ob eine solche Beziehung vorliegt. Erst recht gilt das im Verhältnis von Ausbilder zu Auszubildenden.
Zur nachhaltigen Implementierung von Compliance-Strukturen sind regelmäßige – und auch wiederholte – Schulungen unerlässlich. Das AGG kennt konkrete Schulungsvorgaben: nach § 12 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber verpflichtet, Diskriminierungen proaktiv zu verhindern. Eine geeignete Schulung gilt nach § 12 Abs. 2 S. 2 AGG als Erfüllung dieser Pflicht.
Entscheidend für eine wirksame arbeitsrechtliche Compliance ist jedoch nicht nur deren Einführung, sondern die konsequente Überwachung, ob die Vorgaben eingehalten werden. Geeignet ist dazu die klassische Revision zur Prüfung von Geschäftsvorgängen. Die Revision sollte dabei sorgfältig dokumentiert werden, um sich gegen etwaige Vorwürfe struktureller Missstände wehren zu können. Ein weiteres Instrumentarium, um die Einhaltung der arbeitsrechtlichen Compliance zu gewährleisten, ist ein internes Hinweisge...