Martin Brock, Dr. Katja Francke
a) Allgemeines
Rz. 1024
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber bedarf regelmäßig eines die Kündigung rechtfertigenden Grundes. Eine außerordentliche Kündigung ist gem. § 626 Abs. 1 BGB nur aus wichtigem Grund zulässig, wenn dieser die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auch nur für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist als unzumutbar erscheinen lässt, wohingegen eine ordentliche Kündigung zumindest im Anwendungsbereich des § 1 Abs. 2 KSchG der sozialen Rechtfertigung bedarf. Die Rechtsprechung hat zwar diese unbestimmten Rechtsbegriffe im Rahmen einer umfangreichen Kasuistik mit Leben gefüllt, doch bleibt der Ausspruch einer Kündigung für den Arbeitgeber nicht zuletzt aufgrund der stets erforderlichen Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls mit einer nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit behaftet. Maßgebliches Ziel der vertraglichen Vereinbarung absoluter Kündigungsgründe ist es einerseits, dieser Rechtsunsicherheit entgegenzuwirken und für bestimmte Sachverhalte ein Kündigungsrecht des Arbeitgebers zu fixieren; andererseits soll der Arbeitnehmer durch die Betonung der kündigungsrechtlichen Relevanz präventiv von entsprechenden Verhaltensweisen abgehalten werden. Die rechtliche Wirkung derartiger Vereinbarungen ist allerdings begrenzt.
b) Vereinbarung absoluter Kündigungsgründe
Rz. 1025
Muster 1a.59: Vereinbarung absoluter Kündigungsgründe
Muster 1a.59: Vereinbarung absoluter Kündigungsgründe
Kündigung wegen Verletzung von Arbeitnehmerpflichten
Der Arbeitgeber ist zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt, wenn die Kasse des Arbeitnehmers einen Fehlbetrag von mehr als _________________________ EUR aufweist.
Variante
Das Arbeitsverhältnis kann ordentlich gekündigt werden, wenn der Arbeitnehmer in drei aufeinanderfolgenden Jahren mehr als _________________________ Tage jährlich arbeitsunfähig erkrankt ist.
Kündigung wegen außerbetrieblicher Umstände
Eine auf schuldhaftes Verhalten zurückzuführende Überschuldung des Angestellten gilt als wichtiger Grund zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses und berechtigt die Bank zur außerordentlichen Kündigung.
Variante
Dem Arbeitnehmer ist es untersagt, illegale Drogen einzunehmen und unter Drogen- oder Alkoholeinfluss ein Fahrzeug zu führen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung berechtigt den Arbeitgeber auch ohne vorherige Abmahnung zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung.
c) Erläuterungen
aa) Zwingende Wirkung des Kündigungsschutzrechts
Rz. 1026
Die Bestimmungen des KSchG sind einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht und können deshalb nicht zum Nachteil des Arbeitnehmers abgeändert werden. § 626 BGB ist nach allgemeiner Auffassung sogar beidseitig zwingend, da auch der Arbeitgeber auf das Recht, eine unzumutbare vertragliche Bindung zu beenden, nicht wirksam verzichten kann (vgl. Rdn 1036 ff.). Der Arbeitnehmer kann auf den ihm zustehenden Kündigungsschutz daher nicht durch vertragliche Vereinbarung im Voraus verzichten, sondern erst dann, wenn die Kündigung tatsächlich erklärt worden ist. Vertragliche Vereinbarungen über die Zulässigkeit einer Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind daher unwirksam, wenn und soweit sie für den Arbeitnehmer eine Beschränkung des gesetzlichen Kündigungsschutzes beinhalten.
bb) Konkretisierung des Vertragsinhalts
Rz. 1027
Die vertragliche Vereinbarung eines Kündigungsgrundes beinhaltet zunächst eine Konkretisierung der vertraglichen Pflichten des Arbeitnehmers.
Mit dem Ausspruch einer Kündigung reagiert der Arbeitgeber auf Störungen des Arbeitsverhältnisses, so dass auch nur Umstände, die einen Bezug zu dem Arbeitsverhältnis aufweisen, Anlass zur Kündigung geben können. Durch die Vereinbarung eines besonderen Kündigungsgrundes dokumentiert daher der Arbeitgeber, dass ein bestimmtes Verhalten Bestandteil der arbeitsvertraglichen Pflichtenstellung ist. Dementsprechend beziehen sich vereinbarte Kündigungsgründe regelmäßig auf typische arbeitsvertragliche Pflichtenstellungen des Arbeitnehmers. Die Erweiterung möglicher Kündigungsgründe auf außerbetriebliche Umstände, insbesondere aus dem persönlichen Bereich des Arbeitnehmers, ist grds. ebenfalls möglich, soweit der Arbeitgeber hierfür ein berechtigtes Interesse für sich in Anspruch nehmen kann. So kann ein kirchlicher Arbeitgeber verlangen, dass eine Arbeitnehmerin die wesentlichen Grundsätze der kirchlichen Lehre einhält. Auch andere berechtigte Interessen des Arbeitgebers können ...