Martin Brock, Dr. Katja Francke
a) Alkohol/Drogen
Rz. 71
Die Frage nach einer Alkohol- und/oder Drogenabhängigkeit war bisher – im Gegensatz zu den bloßen Alkoholgewohnheiten, die die Privatsphäre des Bewerbers betreffen – grds. zulässig. Aus medizinischer Sicht handelt es sich um eine Krankheit, die auf negative Auswirkungen für die psychische und physische Leistungsfähigkeit schließen lässt, insbesondere bei gefährlichen oder sicherheitsrelevanten Tätigkeiten, z.B. Kraftfahrer, Pilot, Gerüstbauer etc.
Rz. 72
Problematisch ist die Frage allerdings vor dem Hintergrund des AGG, da eine Drogensucht von der Rechtsprechung als Krankheit eingestuft wird. Denn trotz einer vom EuGH entwickelten begrifflichen Abgrenzung bleiben auch nach Auffassung des EuGH Krankheiten denkbar, die besonders bei langer Dauer gleichzeitig eine Behinderung darstellen. Im Einzelfall kann die Frage nach bestimmten Erkrankungen eine Erkundigung nach einer Behinderung darstellen und eine Ungleichbehandlung i.S.d. AGG indizieren. Bis zur endgültigen Klärung durch die Rechtsprechung ist daher nicht auszuschließen, dass hier eine Diskriminierung wegen einer Behinderung in Betracht kommt. Die Definition der Behinderung i.S.v. § 2 Abs. 1 S. 1 SGB IX ist jedenfalls sehr weit gefasst. Einstweilen sollte die Frage auf die vorgenannten sicherheitsrelevanten Fälle beschränkt werden.
b) Alter
Rz. 73
Wegen des in §§ 1, 7 AGG enthaltenen Benachteiligungsverbots sind Fragen nach dem Alter heute grds. unzulässig. Eine mittelbare Benachteiligung könnte sich außerdem aus der Forderung nach einem Lichtbild ergeben.
c) Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis
Rz. 74
Auch diese vor Inkrafttreten des AGG zulässige Frage ist nun problematisch geworden. Da sie nur ausländische Bewerber betrifft, könnte sie im Hinblick auf die Diskriminierungsmerkmale "ethnische Herkunft" bzw. "Rasse" relevant sein. Andererseits muss der Arbeitgeber klären dürfen, ob der Bewerber die Arbeit überhaupt legal aufnehmen kann; beschäftigt er einen Ausländer ohne die erforderliche Erlaubnis, handelt er ordnungswidrig gem. § 404 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 SGB III. Daher dürfte es – vorbehaltlich der Klärung durch die Rechtsprechung – in Zukunft zumindest zulässig sein zu erfragen, ob der Bewerber aus den Alt-EU-Staaten/EWR-Staaten/Schweiz, den neuen zwölf EU-Beitrittsländern oder dem sonstigen Ausland stammt.
d) Befristetes Arbeitsverhältnis ohne Sachgrund
Rz. 75
Der Arbeitgeber hat ein berechtigtes Interesse an der Frage, ob zwischen ihm und dem Bewerber schon früher einmal ein Beschäftigungsverhältnis bestanden hat, zumindest wenn der Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses in Rede steht. Denn nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Sachgrund nur zulässig, wenn nicht zuvor mit demselben Arbeitgeber ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
e) Behinderung/Schwerbehinderung
Rz. 76
Arbeitgeber dürfen Schwerbehinderte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen (§ 164 Abs. 2 SGB IX i.V.m. AGG). Dennoch hat die bisherige Rechtsprechung proklamiert, dass die Frage nach der Schwerbehinderung stets zulässig war und wahrheitsgemäß beantwortet werden musste. Dieser Standpunkt will jedenfalls dann nicht einleuchten, wenn es um eine Behinderung geht, die nicht arbeitsplatzrelevanter Natur ist, zumal zwischen Behinderung und Schwerbehinderung seit Inkrafttreten des AGG nicht mehr differenziert wird. Das AGG spricht in § 1 lediglich von Behinderung, worunter man nach der Rechtsprechung des EuGH eine nicht nur vorübergehende Einschränkung versteht, die auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigung zurückzuführen ist und die ein nicht nur vorübergehendes Hindernis für die Teilnahme des Betreffenden am Berufsleben bildet.
Rz. 77
Jede Frage nach einer Behinderung ist grds. geeignet, einer verbotenen Benachteiligung Vorschub zu leisten. Daher wird die Frage nach einer Schwerbehinderung im neueren Schrifttum unter Hinweis auf § 164 Abs. 2 SGB IX; § 1 AGG weitgehend für unzulässig gehalten, jedenfalls soweit dieses Merkmal nicht der ausdrücklichen Förderung Behinderter dient. Denn die bevorzugte Einstellung Behinderter wird angesichts § 154 SGB IX für ebenso zulässig erachtet, wie der Hinweis auf eine Bevorzugung Behinderter in einer Stellenanzeige.
Rz. 78
Differenziert wird bei der wohl noch herrschenden Gegenmeinung danach, ob eine Behinderung sich auf die Leistungsfähigkeit für den zu besetzenden Arbeitsplatz auswirke. Auf die amtliche Anerkennung als Schwerbehinderter, auf eine Gleichstel...