Martin Brock, Dr. Katja Francke
a) Allgemeines
Rz. 1100
Aufgrund der Entscheidung des BAG vom 11.4.2006 ist die zuvor umstrittene Frage geklärt, wem Bonusmeilen aus Geschäftsflügen zustehen. Wenn ein Arbeitnehmer in einem Vielfliegerprogramm bei einer Luftverkehrsgesellschaft auf vom Arbeitgeber bezahlten Reisen Bonusmeilen erwirbt, kann der Arbeitgeber die Bonusmeilen für sich beanspruchen und diese vom Arbeitnehmer herausverlangen, es sei denn, arbeitsvertraglich wäre eine andere Absprache getroffen worden. Es kommt nicht darauf an, welche Zwecke die Airline mit dem Bonusmeilenprogramm verfolgt (z.B. den Aufbau einer persönlichen Bindung zum Fluggast), ob dem Arbeitnehmer die Bonusmeilen persönlich gewährt wurden oder ob sie übertragbar sind.
Rz. 1101
Die Herausgabepflicht des Arbeitnehmers folgt aus § 667 Alt. 2 BGB. Hiernach ist der Beauftragte – einem solchen vergleichbar wird der Arbeitnehmer gewertet – verpflichtet, seinem Auftraggeber alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt. Die Herausgabepflicht gilt für alle Vorteile, soweit sie dem Arbeitnehmer von einem Dritten nicht nur bei Gelegenheit, sondern aufgrund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft gewährt werden. Es gilt der Grundsatz, dass demjenigen, für dessen Rechnung und damit auch auf dessen Kosten ein Anderer Geschäfte führt, die gesamten Vorteile aus diesen Geschäften gebühren. Gleichgültig ist, ob die Airline die Bonusmeilen ausschließlich dem Vielflieger persönlich zukommen lassen wollte. Die Herausgabepflicht umfasst auch die für den Beauftragten persönlich bestimmten Vorteile.
Rz. 1102
Denkbar wäre nach der Rechtsprechung aber, dass ein Arbeitnehmer seine Bonusmeilen für den Privatgebrauch behalten darf, wenn im Anstellungsbetrieb eine entsprechende betriebliche Übung besteht. Für eine solche bot der entschiedene Fall aber keine hinreichenden Anhaltspunkte. Es fehlte nach den Feststellungen des BAG an dem zur Annahme einer betrieblichen Übung erforderlichen kollektiven Bezug. Mangels allgemeinverbindlicher Regel, ab welcher Anzahl von Leistungen ein Arbeitnehmer auf die künftige Fortgewährung schließen darf, sind im Einzelfall die Art, Dauer und Intensität sowie der Inhalt der Leistung unter Berücksichtigung des Verhältnisses der Anwendungsfälle zur Gesamtbelegschaftsstärke bzw. Stärke der begünstigten Gruppe zu berücksichtigen.
Rz. 1103
Die Entscheidung des BAG lässt damit Spielraum für die Darlegung von Tatsachen, aus denen im Einzelfall auf den erforderlichen kollektiven Bezug geschlossen werden könnte. Für die Praxis empfiehlt sich daher eine eindeutige vertragliche Vereinbarung, um von vornherein klarzustellen, ob Bonusmeilen dem Arbeitnehmer oder dem Arbeitgeber zustehen sollen.
Rz. 1104
Beteiligungsrechte des Betriebsrats sind in aller Regel nicht berührt, auch wenn sich Berührungspunkte zwischen einer betrieblichen Übung und der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ergeben könnten. Fragen der betrieblichen Lohngestaltung wären aber nur betroffen, wenn ein Arbeitgeber Bonusmeilen als Entgeltbestandteil zuwenden und hierüber besondere betriebliche Entlohnungs- bzw. Verteilungsgrundsätze errichten will.
Rz. 1105
Werden auf Dienstreisen angesammelte Bonusmeilen vom Arbeitnehmer für private Flugreisen genutzt, so handelt es sich um eine arbeitgeberseitige Sachzuwendung, die zu einem steuerpflichtigen geldwerten Vorteil führt (§ 38 Abs. 1 S. 3 EStG). Dessen Höhe bestimmt sich nach dem üblichen Endpreis am Abgabeort (§ 8 Abs. 2 S. 1 EStG). Bei Bonusmeilen ist dies der tarifgemäße Flugpreis für die gutgeschriebenen Freimeilen. Es gilt jedoch ein Freibetrag von derzeit 1.080 EUR (§ 3 Nr. 38 EStG).
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber den Wert der privat genutzten Bonusmeilen bekannt zu geben, damit dieser in die Lage versetzt wird, die darauf entfallende Lohnsteuer einzubehalten und pflichtgemäß an das Finanzamt abzuführen. Macht der Arbeitnehmer keine oder erkennbar unrichtige Angaben zur Nutzung der Bonusmeilen, so trifft den Arbeitgeber eine entsprechende Hinweispflicht gegenüber dem Finanzamt (§ 38 Abs. 4 S. 3 EStG).
Mitunter nehmen Fluggesellschaften ihren Kunden die Steuerlast ab. Dann gilt zwar kein Freibetrag, jedoch ein pauschaler Steuersatz von nur 2,25 % (§ 37a Abs. 1 EStG) plus Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer. Sozialversicherungsbeiträge fallen bei der pauschalen Versteuerung nicht an, weil die Abgabenpflicht der Steuerpflicht folgt.
b) Formulierungsbeispiele
Rz. 1106
Arbeitgeberfreundliche Variante
Erwirbt der Arbeitnehmer im Zusammenhang mit vom Arbeitgeber bezahlten Reisen Ansprüche auf Bonusmeilen oder sonstige Vergünstigungen von Luftverkehrsgesellschaften, A...