Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 377
Der Arbeitsort ist Gegenstand des Direktionsrechts (§ 106 GewO). Der Arbeitgeber kann den Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen, soweit dieser nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist.
aa) Arbeitsort ohne vertragliche Regelung: Direktionsrecht des Arbeitgebers?
Rz. 378
§ 2 Abs. 1 Nr. 4 NachwG verpflichtet den Arbeitgeber, u.a. Folgendes in den Arbeitsvertrag aufzunehmen: "der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann". Enthält der Arbeitsvertrag dieser Verpflichtung zuwider keine ausdrückliche oder konkludente Festlegung des Arbeitsorts, so kann der Arbeitgeber ihn grundsätzlich kraft seines Direktionsrechts bestimmen. Aber es treten Fragen auf:
Rz. 379
Ist der Arbeitsort beim Fehlen vertraglicher Regelungen (konkludent) festgelegt auf den Sitz des Betriebs, wo der Arbeitnehmer regelmäßig arbeitet? Aufgrund mehrerer neuer BAG-Entscheidungen zu § 106 GewO kann eine solche konkludente Festlegung auf den Ort des Betriebssitzes nicht mehr angenommen werden. Denn in diesen Entscheidungen wird das örtliche Direktionsrecht grundsätzlich weit gefasst. Das bloße Fehlen einer ausdrücklichen Festlegung des Arbeitsortes führt also noch nicht zu einer konkludenten Festlegung.
Rz. 380
Fraglich ist ferner: Kann der Arbeitnehmer bei Fehlen ausdrücklicher wie konkludenter vertraglicher Regelungen mittels § 106 GewO im ganzen Bundesgebiet oder nur in einem gewissen Umkreis – etwa nur innerhalb der politischen Gemeinde oder aber bis zu 200 km – versetzt werden? Das BAG scheint von einer bundesweiten Versetzungsmöglichkeit auszugehen. Einschränkungen sind dann ausschließlich auf der Stufe der Ausübungskontrolle zu erwägen (vgl. unten Rdn 392 ff.).
Rz. 381
Klar dürfte dagegen sein, dass das arbeitsrechtliche Direktionsrecht nicht zu Versetzungen ins Ausland berechtigt. Hierzu bedarf es einer vertraglichen Erweiterung des Direktionsrechts. Das gilt auch für örtliche Versetzungen innerhalb des Bundesgebiets zu dem Betrieb eines Konzernunternehmens. Auch ein solcher Konzernversetzungsvorbehalt muss vertraglich gesondert vereinbart sein.
Rz. 382
Klar ist auch, dass es bei Arbeitnehmern, die kraft Tätigkeit an verschiedenen Arbeitsorten arbeiten, etwa Außendienst-, Bau- oder Montagemitarbeiter – keiner gesonderten Regelungen zum Arbeitsort bedarf. Die unterschiedlichen Arbeitsorte ergeben sich bereits aus der Position selbst. Auch dann aber ist es sinnvoll, im Arbeitsvertrag eine Rahmenregelung zum Arbeitsort zu haben.
bb) Vertragliche Festlegung des Arbeitsorts: Einschränkung des Direktionsrechts
Rz. 383
Den Vertragsparteien steht es frei, das Direktionsrecht des Arbeitgebers einzuschränken und einen bestimmten Arbeitsort vertraglich festzulegen. Das kann im Interesse des Arbeitnehmers sein, weil er aus privaten Gründen jede einseitige örtliche Versetzung von vornherein vermeiden will.
Rz. 384
Aber auch der Arbeitgeber kann Interesse an einer solchen Festlegung haben. Damit verliert er zwar Flexibilität im laufenden Arbeitsverhältnis, er reduziert aber gleichzeitig die Risiken bei betriebsbedingten Kündigungen (vgl. dazu Rdn 396 ff.).
Rz. 385
Enthält der Arbeitsvertrag einen bestimmten Ort, an dem die Arbeit zu beginnen ist, so muss darin keine verbindliche Festschreibung des Arbeitsorts liegen; es kann sich auch um die schriftliche Fixierung der erstmaligen Ausübung des Weisungsrechts handeln. Insofern kommt es auf eine Auslegung der Klausel an. Wer sicher gehen will, schließt im Arbeitsvertrag die örtliche Versetzung aus. Der bloße Umstand, dass ein Arbei...