Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 1256
Unabhängig von einer vertraglich vereinbarten Rückgabepflicht kann ein Herausgabeanspruch des Arbeitgebers auf sachenrechtliche Anspruchsgrundlagen, § 985 BGB – Herausgabeanspruch des Eigentümers – bzw. § 861 Abs. 1 BGB – Herausgabeanspruch des Besitzers wegen Besitzentziehung – gestützt werden.
(1) Ansprüche aus dem Eigentum
Rz. 1257
Der erstgenannte Anspruch setzt die Eigentümerstellung des Arbeitgebers an dem herausverlangten Gegenstand voraus. Diese Voraussetzung ist bei Gegenständen und Unterlagen sowie Schlüsseln für die Betriebsräume, Arbeitsmitteln, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer überlassen hat, wie beispielsweise einem Diktiergerät, einem Laptop o.ä., auch bei geschäftlichen Unterlagen, die dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber übergeben worden sind, regelmäßig ohne weiteres erfüllt.
Zweifel bestehen allerdings, wenn der Herausgabeanspruch sich auf Gegenstände bezieht, die der Arbeitnehmer bearbeitet oder überhaupt erst erstellt hat, wie z.B. der vom Tischler gebaute Schrank oder die vom angestellten Arzt erstellte Krankenakte. Erschöpft sich der Bearbeitungsbeitrag des Arbeitnehmers in schlichten Tätigkeiten an dem Gegenstand oder einer geringfügigen Bearbeitung, wird hierdurch die ursprüngliche Eigentümerstellung des Arbeitgebers an dem dem Arbeitnehmer zur Verfügung gestellten Gegenstand nicht berührt. Gleiches gilt, wenn der Herstellungsprozess im Wesentlichen maschinell und automatisch gesteuert ist; auch ein solcher Herstellungsprozess wird vom Arbeitgeber beherrscht. Anders verhält es sich aber, wenn der Gegenstand entweder überhaupt erst hergestellt wird oder im erheblichen Umfang verarbeitet wird, wobei durch die Verarbeitung oder Umbildung ein neuer Gegenstand entsteht. Dies setzt nach § 950 Abs. 1 BGB voraus, dass durch eine bewusste menschliche oder menschlich gesteuerte Arbeitsleistung eine neue bewegliche Sache mit nicht unerheblich gesteigertem Wert entsteht, wobei die Neuheit unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung aufgrund eines Vergleiches des Ausgangsproduktes und des hergestellten Gegenstandes zu ermitteln ist. Der erforderliche gesteigerte Verarbeitungswert ist durch einen Vergleich des Wertes des neu hergestellten Gegenstandes mit dem Wert des oder der Ausgangsprodukte zu ermitteln; auf den Wert der reinen Arbeitsleistung kommt es nicht an. Zwischenergebnisse eines mehrstufigen Herstellungsprozesses reichen insoweit ebenso wenig aus, wie eine reine Wertsteigerung eines ansonsten unveränderten Gegenstandes.
In dieser Konstellation sieht § 950 Abs. 1 BGB grundsätzlich vor, dass derjenige, der die Verarbeitung oder Umbildung durchführt, das Eigentum an der neuen Sache erwirbt. Dies wirft die Problematik auf, ob der den Gegenstand bearbeitende Arbeitnehmer oder der Arbeitgeber Eigentümer des neuen Produktes ist. Diese Frage beantwortet sich danach, wer Hersteller des Gegenstandes im Rechtssinne ist. Im Regelfall wird dies auch dann, wenn der Arbeitnehmer den Gegenstand bearbeitet, der Arbeitgeber sein, weil es gerade arbeitsvertragliche Pflicht des Arbeitnehmers ist, im Eigentum des Arbeitgebers stehende Sachen zu bearbeiten, wobei der Arbeitgeber das mit der Herstellung verbundene Wirtschaftsrisiko trägt. Dies gilt grundsätzlich auch für die Produktion in Heimarbeit und erst recht, wenn die Herstellung des Gegenstandes nicht durch den Arbeitnehmer allein, sondern in einem arbeitsteiligen Arbeitsprozess durch mehrere Arbeitnehmer gemeinschaftlich erfolgt. Unerheblich ist, ob der Arbeitsvertrag rechtswirksam zustande gekommen ist oder der Arbeitnehmer geschäftsunfähig ist bzw. das Arbeitsergebnis mit dem Willen herstellt, für sich selbst zu erwerben. Entscheidend ist vielmehr die objektive Eingliederung in den vom Arbeitgeber gesteuerten Produktionsprozess.
Probleme treten allerdings auf, wenn entweder das Einwirkungsrecht des Arbeitgebers auf den Verarbeitungsvorgang gering ist oder zweifelhaft ist, ob durch die Tätigkeiten des Arbeitnehmers überhaupt Sachen im Rechtssinne entstehen. Zu der erstgenannten Kategorie gehören beispielsweise die ärztlichen Dokumentationen oder sonstige Akten oder Urkunden, während zu der zweitgenannten Kategorie insbesondere die Erstellung von Computerprogrammen oder anderen Dateien sowie Tonträger zu zählen sind. Hier ist die Eigentümerstellung des Arbeitgebers zumindest zweifelhaft.
Daneben scheidet der Eigentumsherausgabeanspruch des Arbeitgebers immer dann aus, wenn der Arbeitgeber zu keiner Zeit, also auch nicht vor der Verarbeitung Eigentümer des Gegenstandes gewesen ist. Denkbar ist dies z.B. wenn es sich bei den entsprechenden Gegenständen um im Eigentum eines Dritten stehende Gegenstände handelt, was bei Arbeitsmitteln gar nicht selten der Fall sein wird. Problematische Fallkonstellationen bestehen in diesem Zusammenhang im Hinblick auf Aufzeichnungen des Arbeitnehmers. Ob diese zu den im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Geschäftsunterlagen oder zu den im Eigentum des Arbei...