Martin Brock, Dr. Katja Francke
aa) Allgemeines/Einleitung
Rz. 233
Für die Dauer des Arbeitsverhältnisses besteht gemäß § 60 HGB ein allgemeines Wettbewerbsverbot zugunsten des Vertragsarbeitgebers. § 60 HGB verbietet dabei den Betrieb eines eigenen Gewerbes und den Wettbewerb auf eigene oder fremde Rechnung. Soweit also klauselmäßig ein bestimmtes Verhalten des Arbeitnehmers für die Dauer des Arbeitsverhältnisses geregelt werden soll, ist dies zulässig, solange das in der Klausel konkretisierte Verhalten ein Verstoß gegen das vertragliche Wettbewerbsverbot wäre. Verbietet die Klausel hingegen weitergehend auch die Vorbereitung einer nicht dem Wettbewerbsverbot unterliegenden Tätigkeit, greift sie unbillig in die allgemeine Berufsausübungsfreiheit des Arbeitnehmers zur Ausübung einer Nebentätigkeit und zur erlaubten Vorbereitung späterer Tätigkeiten ein und ist damit jedenfalls gemäß § 307 Abs. 2 BGB unwirksam. Für die Abgrenzung zwischen erlaubter Konkretisierung einer verbotenen Abwerbung von Kollegen im Hinblick auf eine spätere Tätigkeit einerseits und andererseits einem – unwirksamen – Verbot der allgemeinen Vorbereitung einer späteren eigenen Tätigkeit kommt es also auf die Konkretisierung der verbotenen Handlungen durch die Klausel an.
Rz. 234
Soweit sich das in der Vereinbarung verbotene Verhalten auf die Zeit nach der Beendigung des Anstellungsverhältnisses richtet, ist danach zu differenzieren, ob die Abwerbung von Kollegen oder das Ansprechen von Kunden für den Fall einer eigenen späteren Selbstständigkeit des ausscheidenden Arbeitnehmers verboten wird (eigennütziges Abwerben) oder (auch) die Abwerbung zugunsten eines späteren neuen Arbeitgebers des ausscheidenden Arbeitnehmers (fremdnütziges Abwerben).
Rz. 235
Schließlich ist danach zu differenzieren, ob Klauseln das aktive Abwerben von Arbeitnehmern verbieten oder vielmehr (nur) die Einstellung von ehemaligen Kollegen im Rahmen einer eigenen späteren Tätigkeit. Dieser Fall entspricht der vorweg genommenen Sperrabrede gemäß § 75f HGB.
bb) Vertragliches Abwerbeverbot für die Dauer des Arbeitsverhältnisses
Rz. 236
Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG darf ein Arbeitnehmer, der sich selbstständig machen will, seine künftige Tätigkeit auch schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorbereiten. § 60 Abs. 1 HGB verbietet ihm lediglich die Aufnahme der werbenden Tätigkeit, insbesondere also das Vorbereiten der Vermittlung und des Abschlusses von Konkurrenzgeschäften. Unzulässig sind aber solche Vorbereitungsmaßnahmen, die schon selbst als Teil der werbenden Tätigkeit aufzufassen sind. Allgemeine Vorbereitungshandlungen, die in die Interessen des Arbeitgebers nicht unmittelbar eingreifen, erfüllen die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 HGB hingegen nicht. Ein arbeitsvertragliches Verbot solcher allgemeinen Vorbereitungshandlungen würde den Arbeitnehmer in seiner grundsätzlichen Berufsausübungsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG einschränken, ohne dass ein rechtliches Interesse des Arbeitgebers hieran bestünde. Die Unwirksamkeit eines solchen Verbots allgemeiner Vorbereitungshandlungen ergibt sich bereits aus § 307 Abs. 2 BGB, da es sich um eine unangemessene Benachteiligung entgegen dem wesentlichen Grundgedanken der Berufsausübungsfreiheit handelt. Darüber hinaus ist eine solche Klausel aber auch nach Maßgabe der §§ 74, 74a HGB unverbindlich. Denn das Verbot kommt einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot gleich, das mangels der Zusage einer Karenzentschädigung nichtig ist.(siehe auch § 1b Rdn 861) Klauseln, die die Vorbereitung einer konkurrierenden Tätigkeit, z.B. das Ansprechen von Kollegen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses verbieten, sind daher nur dann rechtlich zulässig, wenn sie ein ohnehin nach Maßgabe des § 60 HGB verbotenes Verhalten vertraglich konkretisieren bzw. die Grenzen des erlaubten Verhaltens festlegen.
Rz. 237
Eine Grenze findet die Zulässigkeit von Vorbereitungshandlungen für eine spätere andere Tätigkeit dann, wenn diese einen unmittelbaren nachteiligen Einfluss für die Geschäftstätigkeit des Arbeitgebers mit sich bringt. Daher ist für die Abgrenzung der (noch) erlaubten Vorbereitungshandlung von der verbotenen Konkurrenztätigkeit entscheidend, ob durch das Handeln bereits unmittelbar in die Geschäfts- und Wettbewerbsinteressen des Arbeitgebers eingegriffen wird. Unzulässig ist es, bereits aktiv in fremden Diensten zu arbeiten. Unzulässig ist auch beispielsweise die Kontaktaufnahme mit Kunden und anderen Vertragspartnern des Arbeitgebers zum Zwecke der Abwerbung, da hierdurch dessen Interessen noch während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses unmittelbar gefährdet werden. Erlaubt ist es einem Arbeitnehmer hingegen, Absprachen mit Konkurrenzunternehmen für ein Überwechseln nach Vertragsende zu treffen, Waren zu kaufen oder Mitarbeiter anzuwerben, solange es sich nicht um Arbeitnehmer des aktuellen Arbeitgebers handelt, Geschäftsräume für die eigene Tätigkeit nach Vertragsende anzumieten oder einen ...