Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 1505
Eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht bezüglich sonstiger Tatsachen im Geheimhaltungsinteresse des Arbeitgebers kann durch einzelvertragliche Regelung vereinbart werden. Allerdings ist Vorsicht geboten. Grundsätzlich kann zwar eine nachvertragliche Verschwiegenheitsvereinbarung ohne Karenzentschädigung wirksam vereinbart werden; denn die Pflicht, auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Verschwiegenheit über geheimhaltungsbedürftige Tatsachen des ehemaligen Arbeitgebers zu wahren, schränkt für sich gesehen die Berufs- und Wettbewerbsfreiheit des Arbeitnehmers noch nicht in unzulässiger Weise ein, er kann ja weiter freien Wettbewerb betreiben. Jedoch kann bei zu weiter Fassung einer derartigen nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht nach Ansicht des BAG eine unzulässige Umgehung der Regelung für nachvertragliche Wettbewerbsverbote vorliegen. So ist z.B. die Verpflichtung des im Weinhandel tätigen Außendienstmitarbeiters, Kundennamen nach Vertragsende in keiner Weise zu verwenden, als Wettbewerbsabrede im Sinne der §§ 74 ff. HGB zu werten, die zu ihrer Verbindlichkeit eine Entschädigungsvereinbarung voraussetzt. Auf jeden Fall unzulässig ist eine vertragliche, entschädigungslose Verschwiegenheitsverpflichtung, wenn sie sich unterschiedslos auf alle Geschäftsvorgänge bezieht und dem Arbeitnehmer generell das Umwerben von Kunden des früheren Arbeitgebers oder eine Verwertung von im vorangegangenen Arbeitsverhältnis erworbenem fachlichem Wissen verwehrt. Denn nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses ist dem Arbeitnehmer grundsätzlich eine Konkurrenztätigkeit gestattet. Soll dies verhindert werden, bedarf es einer entsprechenden Karenzentschädigung. Ebenso ist eine nachvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtung unzulässig, wenn sie den Arbeitnehmer daran hindert, eigene Rechte, insbesondere gegenüber seinem Arbeitgeber, wahrzunehmen. Nachvertragliche Verschwiegenheitsverpflichtungen sollten daher individuell an die jeweilige Interessenlage angepasst werden. Für den Arbeitgeber ist es unabdingbar genau zu formulieren, um eine Unwirksamkeit der entsprechenden nachvertraglichen Verpflichtung zu vermeiden.
Rz. 1506
Im Ergebnis sind Verschwiegenheitsklauseln sachlich und zeitlich sinnvoll zu begrenzen. Eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht ist jedenfalls in Bezug auf Tatsachen, die für das Bestehen des Unternehmens besonders wichtig sind und an deren Geheimhaltung der Arbeitgeber ein überwiegendes Interesse hat, wirksam, auch ohne Zusage einer Entschädigung. Allerdings ist bei der Formulierung einer solchen Klausel darauf zu achten, dass sie einerseits das jeweilige Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis möglichst genau bezeichnet und andererseits die beruflichen Möglichkeiten des Arbeitnehmers nicht zu stark einschränkt. Nur so wird die Gefahr gebannt, dass die Verschwiegenheitsklausel als unwirksames, weil dauerhaft und entschädigungslos vereinbartes, Berufsverbot angesehen wird.
Praxishinweis
Auch die wirksame nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht hindert den Arbeitnehmer nicht, nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Wettbewerb zu seinem ehemaligen Arbeitgeber zu treten. Er muss lediglich über die geheimhaltungspflichtigen Umstände Stillschweigen bewahren. Eine nachvertragliche Verschwiegenheits- sowie eine nachvertragliche Treuepflicht des Arbeitnehmers begründen für den Arbeitgeber regelmäßig keine Ansprüche auf Unterlassung von Wettbewerbshandlungen gegen den ausgeschiedenen Arbeitnehmer.