Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 981
Ein Arbeitnehmer haftet im Falle der Schlechtleistung seinem Arbeitgeber nicht zwangsläufig auf den vollen Schaden. Bei betrieblich veranlasster Tätigkeit kommt vielmehr eine Begrenzung der Arbeitnehmerhaftung durch die richterrechtlichen Grundsätze zur beschränkten Arbeitnehmerhaftung zum Tragen, den sog. innerbetrieblichen Schadensausgleich. Betrieblich veranlasst sind alle Tätigkeiten, die einem Arbeitnehmer arbeitsvertraglich übertragen worden sind oder die er im Interesse des Arbeitgebers für den Betrieb ausführt. Das Handeln braucht dabei nicht zum eigentlichen Aufgabenbereich des Arbeitnehmers zu gehören und kann auch außerhalb der Arbeitszeit erfolgen. Der betriebliche Zusammenhang wird ferner nicht dadurch unterbrochen, dass der Arbeitnehmer bei Ausführung der Tätigkeit seine Verhaltenspflichten grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt. Bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten wird das allgemeine Haftungsregime des BGB modifiziert. Der Arbeitgeber muss sich analog § 254 BGB die Betriebsgefahr seines Unternehmens zurechnen lassen und deshalb – je nach Verschuldensgrad des Arbeitnehmers – einen Teil des entstandenen Schadens selbst tragen.
Rz. 982
Grundsätzlich gilt: Der Arbeitnehmer haftet nicht bei leichtester Fahrlässigkeit, anteilig bei mittlerer (= "normaler") Fahrlässigkeit und i.d.R. voll bei grober Fahrlässigkeit und bei Vorsatz. Kommt nicht der Arbeitgeber, sondern ein außenstehender Dritter – z.B. ein Kunde – zu Schaden, haftet der Arbeitnehmer diesem nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen grundsätzlich voll. Im Innenverhältnis zu seinem Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer allerdings ein Freistellungsanspruch zustehen, wenn und soweit er diesem nach den Grundsätzen zum innerbetrieblichen Schadensausgleich nicht haften würde.
Rz. 983
Das BAG hält bis in die Gegenwart an der These fest, beim innerbetrieblichen Schadensausgleich handele es sich um "einseitig zwingendes Arbeitnehmerschutzrecht", das weder individual- noch kollektivvertraglich zu Ungunsten des Arbeitnehmers abbedungen werden dürfe. Hiervon sollte mit Einbeziehung des Arbeitsvertrages in den Geltungsbereich der §§ 305 ff. BGB Abstand genommen werden. Seit der Schuldrechtsreform besteht dort kein Raum mehr für gesetzesvertretendes Richterrecht, wo eine AGB-rechtliche Inhaltskontrolle möglich ist. Zudem ist es stimmiger, diese Rechtsprechung als Leitbild im Rahmen der AGB-Kontrolle heranzuziehen, nicht aber als eigenständigen Prüfungsansatz. Dies bietet die Chance zur Vereinheitlichung der Haftungsmaßstäbe. Zudem schließt es Modifikationen der Haftungsgrundsätze dort nicht länger a priori aus, wo sie bei einer Gesamtbetrachtung des Haftungsrisikos durchaus sinnvoll sind. Nach Ansicht des BAG sind haftungsverschärfende Klauseln (z.B. eine Garantiehaftung) unzulässig. Dagegen sind haftungsmildernde Klauseln, d.h. Abreden, die den Arbeitnehmer im Vergleich zu den Grundsätzen der beschränkten Arbeitnehmerhaftung begünstigen, weiterhin möglich. Deshalb kann z.B. vereinbart werden, dass der Arbeitnehmer nur für vorsätzliche Pflichtverletzungen haften soll oder bis zum Erreichen einer bestimmten Summe.