Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 222
Weil Verbote der Abtretung von Lohnforderungen die Kreditfähigkeit eines Arbeitnehmers ganz erheblich einschränken können, stellt sich die Frage der Unwirksamkeit nach § 138 BGB. Ganz überwiegend wird indes angenommen, dass allein diese Einschränkung noch keine Sittenwidrigkeit begründet, zumal in der Praxis der Kreditvergabe die Lohnabtretung keine derartig entscheidende Rolle spielt, dass von ihr die Kreditfähigkeit eines Kunden tatsächlich abhinge.
Rz. 223
Lebhafter diskutiert wird dagegen die Frage, ob Abtretungsverbote in Formulararbeitsverträgen wirksam vereinbart werden können. Der BGH erachtet Abtretungsverbote in zivilrechtlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen nur dann für unwirksam nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an dem Abtretungsverbot nicht besteht oder die berechtigten Belange des Vertragspartners an der freien Abtretbarkeit vertraglicher Ansprüche das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen. Nach Maßgabe dieser Rechtssätze werden Abtretungsverbote in Formulararbeitsverträgen teilweise als generell unzulässig angesehen. Dem kann nicht gefolgt werden. Die Praxis der Kreditvergabe vermag derartige berechtigte Belange des Vertragspartners nicht zu begründen. Wie erwähnt ist die Lohnabtretung hier nicht von derart entscheidender Bedeutung. Vielmehr hat der Arbeitgeber ein schützenswertes Interesse an einem vertraglichen Abtretungsausschluss, um sich vor dem mit Lohnabtretungen verbundenen Mehraufwand und den verbleibenden Risiken im Falle unwirksamer oder überholter Abtretungen zu schützen. Zudem bilden die Pfändungsgrenzen beim Arbeitseinkommen und die damit verbundenen weiteren Schwierigkeiten eine arbeitsrechtliche Besonderheit im Sinne von § 310 Abs. 4 S. 2 Hs. 1 BGB, die es gerechtfertigt erscheinen lässt, Abtretungsverbote in Formulararbeitsverträgen im Grundsatz zu erlauben.
Rz. 224
Unklar ist, ob dem Arbeitnehmer in Formularverträgen die mit Lohnpfändungen verbundenen Kosten für Mehraufwand des Arbeitgebers und dergleichen auferlegt werden dürfen. Auch hiergegen werden teilweise grundsätzliche Bedenken erhoben, weil der BGH entsprechende Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Kreditinstituten wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB für unwirksam erklärt hat. Das BAG hat sich soweit ersichtlich noch nicht geäußert.
Entsprechende Einwände werden gegen formularvertragliche Regelungen zur Kostenabwälzung bei Verpfändung und Abtretung vorgebracht.
Will der Arbeitgeber gleichwohl versuchen, auch die Kosten einer Pfändung und/oder Verpfändung und Abtretung auf den Arbeitnehmer abzuwälzen, sollte angesichts dieser Risiken eine Abtretungsklausel in Formularverträgen besonders sorgfältig gestaltet werden. Dabei ist unbedingt darauf zu achten, dass jedenfalls das Abtretungsverbot ggf. mittels Anwendung des sog. Blue-Pencil-Tests aufrechterhalten werden kann. Will man kein Risiko eingehen, ist von formularvertraglichen Regelungen zur Kostentragung Abstand zu nehmen.
Rz. 225
Entscheidet sich der Arbeitgeber für die Aufnahme einer formularvertraglichen Bestimmung zur Kostentragungspflicht, sind jedenfalls die Regelungen in § 309 Nr. 5 BGB zu befolgen. Wird ein Pauschbetrag veranschlagt, droht Unwirksamkeit nach § 309 Nr. 5a BGB. Hiernach ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Vereinbarung eines pauschalierten Anspruchs des Verwenders auf Schadenersatz unwirksam, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Der Arbeitgeber ist daher gut beraten, keine zu hohe Pauschale zu wählen, sondern vorab die typischerweise entstehenden Kosten zu ermitteln. Von Regelungen, die dem Arbeitnehmer einen prozentualen Anteil der Pfändungssumme als Kostenpauschale auferlegen, ist abzuraten. Des Weiteren muss nach § 309 Nr. 5b BGB dem anderen Vertragsteil ausdrücklich der Nachweis gestattet werden, ein Schaden sei überhaupt nicht entstanden oder wesentlich niedriger als die Pauschale.