Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 1162
Ob eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur pauschalierten Erstattung der Kosten von Lohnpfändungen in einem Formulararbeitsvertrag wirksam vereinbart werden kann, ist weiter umstritten. Jedenfalls besteht ein berechtigtes und legitimes Interesse des Arbeitgebers, einen Ausgleich für die zusätzlichen Aufwendungen im Rahmen der Bearbeitung von Pfändungen zu erhalten. Soweit ersichtlich, gibt es bislang jedoch keine Instanzrechtsprechung zur Frage der Wirksamkeit von Erstattungsklauseln in Arbeitsverträgen, und somit wird eine Entscheidung des BAG noch auf sich warten lassen.
Rz. 1163
Lediglich im Bereich von Banken-AGB gibt es eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1999, wonach die pauschale Überwälzung von Kosten für die Bearbeitung von Pfändungen durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Bank unwirksam sein soll. Begründung: Jeder Rechtsunterworfene habe seine gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen, ohne dafür ein gesondertes Entgelt verlangen zu können. Die Bearbeitung von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen stelle für den Drittschuldner die Erfüllung einer (eigenen) gesetzlichen Verpflichtung dar, und dafür könne kein "gesondertes Entgelt" verlangt werden; dies sei mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar (vgl. jetzt § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).
Diese Argumentation wird zum Teil im Arbeitsrecht angenommen. Dann bestünde für den Arbeitgeber keine Möglichkeit, eine Erstattungsregel für Kosten der Lohnpfändung in einem Formulararbeitsvertrag zu vereinbaren.
Rz. 1164
Jedoch besagt der allgemeine Grundsatz im Zwangsvollstreckungsrecht, dass der Schuldner die Kosten der Zwangsvollstreckung tragen muss, § 788 ZPO. Dieses allgemeine Prinzip muss auf die Drittschuldnerstellung übertragen werden können, zumal der Drittschuldner – also der Arbeitgeber – im Interesse sowohl des Schuldners (also des Arbeitnehmers) als auch des Gläubigers handelt.
Rz. 1165
Zum Teil werden Kostentragungsklauseln jedoch gemäß § 309 Nr. 5 BGB (Unwirksamkeit einer Pauschalierung von Schadensersatz in AGB) für unwirksam erklärt. Zwar ist eine Kostenpauschale zur Erstattung von Bearbeitungskosten für Lohnpfändungen kein Schadensersatz-, sondern ein Aufwendungsersatzanspruch aus dem Auftragsrecht; § 309 Nr. 5 BGB findet dafür jedoch analog Anwendung. Danach wäre die Vereinbarung von Kostenpauschalen zur Pfändungsbearbeitung unwirksam.
Rz. 1166
Es kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden, ob eine Kostenregelung vor dem BAG Bestand haben würde oder nicht. Eine Kostentragungsklausel wird in jedem Fall an § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ("wesentliche Grundgedanken"), sowie auch an § 309 Nr. 5 BGB zu messen sein.
Rz. 1167
Bis Klarheit durch das BAG geschaffen wird, werden Kostenreglungen nach wie vor in Standardarbeitsverträgen aufgenommen. Das Risiko im Fall der Unwirksamkeit einer solchen Kostenerstattungsklausel ist schließlich überschaubar: Im Zweifel kann der Arbeitgeber schlicht den Erstattungsanspruch nicht realisieren.
Um eine Erstattungsklausel "so wirksam wie möglich" zu machen, sind folgende Aspekte zu beachten: die Pauschale soll den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden/Aufwand nicht übersteigen, (§ 309 Nr. 5a BGB), und dem Arbeitnehmer soll der Nachweis gestattet bleiben, dass kein oder nur ein erheblich geringerer Schaden/Aufwand als die Pauschale entstanden ist (§ 309 Nr. 5b BGB). Zudem sollte die Kostenregel in jedem Fall klar und verständlich geregelt sein (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB).