Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 386
Der Arbeitsvertrag kann auch das Direktionsrecht des Arbeitgebers erweitern. Hier tritt wiederum die Frage auf, wie weit das gesetzliche Direktionsrecht gemäß § 106 GewO reicht, welches im Arbeitsvertrag erweitert werden soll. Geht man davon aus, dass das gesetzliche Direktionsrecht grundsätzlich zu Versetzungen im ganzen Bundesgebiet ermächtigt, betrifft die Erweiterung des Direktionsrechts inhaltlich Versetzungen ins Ausland und solche zu anderen Konzernunternehmen. Ermächtigt das gesetzliche Direktionsrecht dagegen nur zu Versetzungen in einem gewissen Umkreis, so bedarf auch die Versetzung innerhalb des Bundesgebiets einer Erweiterung des gesetzlichen Direktionsrechts.
Rz. 387
Die formularmäßige Erweiterung des Direktionsrechts unterliegt einer AGB-Kontrolle. Maßgeblich ist allerdings nicht § 308 Nr. 4 BGB, sondern § 307 Abs. 1 BGB. Die Klausel darf also nicht intransparent und auch nicht überraschend im Sinne des § 305c BGB sein. Eine Angemessenheitskontrolle findet dagegen regelmäßig nicht statt; denn bei der Erweiterung des Weisungsrechts geht es um eine Hauptleistungspflicht des Arbeitsverhältnisses.
Rz. 388
Häufig findet sich folgende Gestaltung: Im Arbeitsvertrag wird der Arbeitsort zunächst festgelegt (Einschränkung des Direktionsrechts). Sodann wird geregelt, dass der Arbeitgeber berechtigt ist, den Arbeitnehmer örtlich zu versetzen (Erweiterung des Direktionsrechts).Dies ist keineswegs eine zweifelhafte, sondern eine zulässige Gestaltung. Sie beruht auf der Vorgabe des § 2 Abs. 1 Nr. 4 NachwG. Im Ergebnis wiederholt eine solche Klausel lediglich die Befugnisse aus § 106 GewO. Es handelt sich also nicht um eine "echte" Festlegung des Arbeitsortes. Eine solche Gestaltung ist in der Regel AGB-fest.
Rz. 389
Bei einer Erweiterung des gesetzlichen Direktionsrechts brauchen im Vertrag nicht die Gründe für eine künftige örtliche Versetzung angegeben werden. Denn bei Vertragsschluss steht in der Regel noch nicht fest, welche betrieblichen Gründe für eine künftige Versetzung sprechen könnten. Zudem kann der Grund für eine örtliche Versetzung auch aus der Sphäre des Arbeitnehmers stammen (örtliche Versetzung aus personen- oder verhaltensbedingten Gründen). All dies kann und braucht nicht bei der Vertragsgestaltung festgelegt werden. Wohl aber sind diese Gesichtspunkte bei der Ausübungskontrolle zu beachten (siehe Rdn 392 ff.).
Rz. 390
Fraglich ist, ob bereits der Arbeitsvertrag, wenn er die Versetzung an weit entfernte Orte in Deutschland zulässt, eine Ankündigungsfrist und Kostenregelungen für den Umzug festlegen muss. Nach einer Entscheidung des LAG Hamm hat der Arbeitsvertrag zumindest eine Ankündigungsfrist festzulegen; die Formulierung, dass bei Versetzung die persönlichen Belange des Arbeitnehmers berücksichtigt würden, reiche nicht aus. Dem ist aber zu widersprechen. Nach zutreffender Auffassung, die mittlerweile auch das BAG vertritt, gehören diese Fragen nicht schon in den Arbeitsvertrag. Vielmehr betrifft dies die gesonderte Frage, ob dem Arbeitnehmer entsprechende Kostenerstattungsansprüche zustehen; im Hinblick auf eine etwaige Ankündigungspflicht ist auf die Ausübungskontrolle zu verweisen (siehe unten Rdn 392 ff.). Es steht den Vertragsparteien natürlich frei, dennoch entsprechende Ankündigungsfristen oder Kostenregelungen schon im Arbeitsvertrag zu regeln.
Rz. 391
Formularklauseln, die Versetzungen ins Ausland und Versetzungen zu Betrieben anderer Unternehmen innerhalb des Konzerns zulassen, dürften formularvertraglich nicht ohne Weiteres zulässig sein. Insoweit sollten zumindest nähere Regelungen zu den Voraussetzungen einer solchen Versetzung bereits im Vertrag enthalten sein. Letztlich wird man abwarten müssen, wie in Zukunft die BAG-Rechtsprechung solche weiten Versetzungsmöglichkeiten beurteilt.