Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 126
Schützenswert ist das Interesse des Arbeitgebers an Informationen, die die körperliche/gesundheitliche Eignung des Bewerbers für die beworbene Stelle betreffen. Das gilt auch für psychologische Untersuchungen. Da der Bewerber die Frage der gesundheitlichen Eignung aus eigener Kompetenz i.d.R. nicht (überzeugend) beantworten kann, hat der Arbeitgeber oft ein Interesse an einer unabhängigen ärztlichen Auskunft, die sich allerdings auf den Kreis der beruflich geforderten Fähigkeiten beschränken muss. Diesbezüglich ist jedoch auch zu beachten, dass es sich bei Gesundheitsdaten einer Person um die Verarbeitung besonderer sensibler personenbezogener Daten handelt, die durch § 26 Abs. 3 i.V.m. Art. 9 DSGVO besonders strengen Anforderungen unterliegen. Die Verarbeitung ist lediglich zulässig, wenn sie zur Ausübung von Rechten oder zur Erfüllung rechtlicher Pflichten aus dem Arbeitsrecht, dem Recht der sozialen Sicherheit und des Sozialschutzes erforderlich ist. Für die meisten Tätigkeiten wird es einer ärztlichen Eignungsuntersuchung nicht bedürfen und das Interesse des Bewerbers an der Nichtvornahme überwiegen.
Rz. 127
Arbeitgeber des öffentlichen Diensts sind i.d.R. (z.B. aufgrund § 7 Abs. 1 BAT) zur Veranlassung einer Gesundheitsuntersuchung des Bewerbers verpflichtet. Gesundheitsuntersuchungen zu veranlassen ist mitunter aber auch für private Arbeitgeber obligatorisch (z.B. nach § 43 IfSG). Eine Untersuchung durch Dritte kann bei ausdrücklicher Zustimmung eines Bewerbers auch psychologische und graphologische Tests umfassen, um Zweifel an der Eignung für die Ausschreibungsstelle zu beseitigen. Zu beachten ist jedoch die notwendige Freiwilligkeit der Einwilligung nach § 26 Abs. 2 BDSG. Diese wird regelmäßig fraglich sein, da sich der Bewerber aus Angst, im weiteren Bewerbungsverfahren nicht mehr berücksichtigt zu werden, zu einer Einwilligung hinreißen lassen könnte.
Rz. 128
Willigt der Bewerber unter Beachtung der erforderlichen Freiwilligkeit nach § 26 Abs. 2 BDSG in ärztliche Untersuchungen ein, die ein Arbeitgeber sonst nicht verlangen könnte, so ist dies wohl weder unzulässig noch unwirksam. Veranlasst ein Arbeitgeber dagegen psychologische oder graphologische Tests ohne die Einwilligung des Bewerbers, so führt dies in jedem Fall zu einer Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Bewerbers. Das gilt auch, wenn der Bewerber unzutreffend über die Qualifikation des Sachverständigen oder die Untersuchungsmethode informiert wird.
Rz. 129
Problematisch ist seit Inkrafttreten des AGG die Abgrenzung einer chronischen Erkrankung von einer diskriminierungsrelevanten Behinderung, da die Grenzen fließend sind. Es ist daher ein zurückhaltender Umgang mit Einstellungsuntersuchungen anzuraten.