Martin Brock, Dr. Katja Francke
aa) Normzweck
Rz. 466
Die Regelungen in § 5 EFZG konkretisieren die Nebenpflichten des Arbeitnehmers im Krankheitsfall: dies sind vornehmlich Anzeige- (Benachrichtigung, Information) und Nachweispflichten (Beibringung einer Bescheinigung). Diese Pflichten dienen dazu, der missbräuchlichen Inanspruchnahme des Entgeltfortzahlungsrechts entgegenzuwirken. Die Einhaltung der Pflichten nach § 5 EFZG gehört allerdings nicht zu den anspruchsbegründenden Voraussetzungen für den Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 EFZG, sondern berechtigt den Arbeitgeber lediglich dazu, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zeitweilig zu verweigern, § 7 EFZG.
bb) Mitteilungspflichten
Rz. 467
Gemäß § 5 Abs. 1 EFZG ist der Arbeitnehmer verpflichtet, bei jeder zur Arbeitsunfähigkeit führenden Krankheit dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen.
Die Benachrichtigung hat "unverzüglich" (ohne schuldhaftes Zögern, § 121 BGB) zu erfolgen. Unverzüglich meint, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber so schnell zu informieren hat, wie es nach den Umständen des Einzelfalls möglich ist. Das erfordert im Regelfall eine telefonische Nachricht zu Beginn der betrieblichen Arbeitszeit am ersten Krankheitstag. Er darf nicht mit der Anzeige zuwarten, bis eine ärztliche Diagnose vorliegt.
Eine besondere Form ist für die Mitteilung der Arbeitsunfähigkeit nicht vorgesehen. Es ist grundsätzlich auf Kommunikationsmittel zurückzugreifen, die sicherstellen, dass der Arbeitgeber zu Beginn des 1. Tages der Arbeitsunfähigkeit hiervon Kenntnis erlangt. In der Praxis ist wohl die telefonische Krankmeldung die übliche Form. Es kommen wohl auch E-Mail und SMS in Betracht.
Rz. 468
Adressat der Mitteilung ist "der Arbeitgeber". In der Praxis genügt wohl die Mitteilung an einen vom Arbeitgeber zur Entgegennahme von derartigen Erklärungen autorisierten Mitarbeiter, was sich aus dem betrieblichen Organisationsplan ergibt. Fehlt eine ausdrückliche Regelung über einen bestimmten Adressaten, muss ein Vorgesetzter oder die Personalabteilung benachrichtigt werden. Keine Benachrichtigungsempfänger sind Kollegen, Betriebsratsmitglieder, Telefonisten, Pförtner und andere Betriebsangehörige.
Der Inhalt der Mitteilung ist gesetzlich nicht vorgeschrieben und sowohl hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit als auch deren Dauer abhängig vom Kenntnisstand des Arbeitnehmers, insbesondere ob er bereits ärztlichen Rat eingeholt hat. Der Arbeitnehmer darf zunächst seine eigene Einschätzung mitteilen. Nach dem Arztbesuch muss er seine Angaben entsprechend der Mitteilung des Arztes präzisieren.
Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet, sich zur Art der Erkrankung und deren Ursache zu äußern. Ausnahmen bestehen bei Erkrankungen, die Schutzmaßnahmen des Arbeitgebers für andere erfordern (insb. ansteckende Krankheiten), bei Fortsetzungserkrankungen, die Einfluss auf die Entgeltfortzahlungspflicht haben (siehe Rdn 436 f.) und bei einer Arbeitsunfähigkeit aufgrund Schädigung durch einen Dritten (siehe Rdn 482 f.). Über seinen eigenen Verursachungsbeitrag braucht der Arbeitnehmer keine Mitteilung zu machen, auch wenn ein Anspruchsausschluss nach § 3 Abs. 1 EFZG in Betracht kommt.
Bei einer Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den zunächst angegebenen (bescheinigten) Termin hinaus, ist der Arbeitnehmer erneut zur unverzüglichen Mitteilung verpflichtet (§ 5 Abs. 1 S. 1 EFZG analog).
cc) Nachweispflichten: Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Rz. 469
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als 3 Kalendertage, so hat der Arbeitnehmer an dem darauffolgenden Arbeitstag eine Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen, § 5 Abs. 1 S. 2 EFZG. Kalendertage sind alle Tage eines Jahres. Der Begriff des Arbeitstages hingegen ist umstritten. Teilweise wird vertreten, dass er subjektiv, also nach der individuellen Arbeitsverpflichtung des erkrankten Arbeitnehmers zu bestimmen ist. Wohl überwiegend wird hingegen auf die Tage abgestellt, in denen im Betrieb üblicherweise gearbeitet wird. Bei individueller Betrachtung kann auch der Samstag und im Einzelfall auch der Sonntag (bei vollkontinuierlicher Betriebsarbeitszeit) Übergabetag für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sein, wenn der Arbeitnehmer an diesem Tag eine Arbeitsverpflichtung hatte. Zur Klarstellung und zur Vermeidung von Streitigkeiten empfiehlt es sich, eine ausdrückliche Regelung dazu zu treffen, ob "Arbeitstag" im Einzelfall den Arbeitstag meint, an dem der Arbeitnehmer individuell ...