Martin Brock, Dr. Katja Francke
Rz. 275
Verfallklauseln führen bei Eintritt der vorgegebenen Voraussetzungen zu dem Verlust der dem Mitarbeiter gewährten Bezugsrechte. Verfallklauseln, die die Ausübung der Aktienoptionen insbesondere von dem (Fort-)Bestand des Arbeitsverhältnisses im Zeitpunkt der Ausübung abhängig machen (§ 7 des Aktienoptionsplans), sind Bestandteil nahezu aller gängigen Aktienoptionspläne.
Rz. 276
Zweck der Verfallklauseln ist die Realisierung der mit dem Beteiligungsprogramm verbundenen Motivationsziele, die in einem beendeten Arbeitsverhältnis nicht mehr erreicht werden können. Dementsprechend wird die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Wegfall der Optionsrechte faktisch sanktioniert, indem der kaufrechtliche Anspruch auf die Übertragung der Aktien gem. § 158 Abs. 2 BGB unter die auflösende Bedingung der Verfallsvoraussetzungen gestellt wird. Da die Einräumung der Aktienoptionen jedoch regelmäßig Bestandteil der arbeitsvertraglichen Vergütung ist und deren Wegfall zu einem nicht unerheblichen Einkommensverlust führen kann, sind Verfallklauseln nicht uneingeschränkt zulässig. Insbesondere würde eine Beurteilung allein unter kaufrechtlichen Gesichtspunkten dem arbeitsrechtlichen Rahmen der Optionsrechte insoweit nicht gerecht. Vielmehr hängt die Beurteilung der Wirksamkeit einer Verfallklausel ähnlich wie bei anderen Sondervergütungen (vgl. Rdn 1346 ff.) von dem Leistungszweck ab, der mit dem Aktienoptionsprogramm verfolgt wurde.
Rz. 277
Dienen die Optionsrechte ausschließlich der Abgeltung bereits erbrachter Arbeitsleistung, sind die gewährten Bezugsrechte Entgelt im engeren Sinne gem. § 611 Abs. 1 BGB. Der Wegfall der bereits erdienten Möglichkeit eines späteren Ausübungsgewinns würde in diesem Fall das arbeitsvertragliche Verhältnis von Leistung und Gegenleistung und damit den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses beeinträchtigen, so dass Verfallklauseln in diesem Zusammenhang stets zu einer unangemessenen Benachteiligung der Mitarbeiter i.S.d. § 307 BGB führen. I.d.R. handelt es sich bei Aktienoptionen jedoch nicht um eine Leistung mit Entgelt-, sondern vielmehr mit Gratifikationscharakter, da dadurch ein Anreiz zu künftiger Leistung und Betriebstreue gesetzt werden soll. In diesem Fall ist die Vereinbarung einer Verfallklausel nicht von vornherein unwirksam, sondern grds. möglich. Ihre Wirksamkeit hängt jedoch von der angemessenen Ausgestaltung der Verfallvoraussetzungen ab, da die Klausel nur dann einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle standhält. Dabei sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung die für bestimmte Sonderzahlungen, insbesondere Gratifikationen, entwickelten Rechtsgrundsätze bezüglich der Zulässigkeit von Bindungsfristen und Verfallklauseln nicht uneingeschränkt auf Aktienoptionen aufgrund deren ungleich größeren spekulativen Charakters zu übertragen, so dass Aktienoptionsrechte grds. an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses gebunden werden können.
Rz. 278
Der Verfall der Optionsrechte für den Fall der Eigenkündigung des Arbeitnehmers ist unter dem Aspekt des § 622 Abs. 6 BGB zu bewerten, der eine unzulässige Erschwerung der Kündigung des Arbeitnehmers und die damit verbundene übermäßige Beeinträchtigung der durch Art. 12 GG gewährleisteten Berufsfreiheit nicht zulässt. Eine unzulässige Kündigungserschwerung liegt vor, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer mit einem Vermögensopfer verbunden ist, dem der Arbeitgeber nicht in gleicher Weise unterliegt; der Verlust bereits erworbener Ansprüche beinhaltet insoweit stets einen Verstoß gegen § 622 Abs. 6 BGB. Entscheidend ist daher, zu welchem Zeitpunkt der Arbeitnehmer Ansprüche aus dem Aktienoptionsprogramm erwirbt. Dies wird regelmäßig anhand der Ausübungsreife der Aktienoptionen beurteilt, mithin danach, ob alle Voraussetzungen zur Ausübung der Aktienoption erfüllt sind. Fehlt es an der Ausübungsreife, etwa weil die Wartezeit noch nicht erfüllt oder die Ausübungsziele (noch) nicht erreicht wurden, sind die mit der Optionsgewährung verfolgten Ziele noch nicht erreicht. Da der Arbeitnehmer die Gegenleistung für die Gewährung der Aktienoptionen in diesem Fall noch nicht erbracht hat, ist ein Verfall der Optionen nicht ohne Weiteres unangemessen. Allerdings wird zusätzlich eine zeitliche Begrenzung des Optionsverfalls für erforderlich erachtet, wobei überwiegend auf die Einhaltung der Wartezeit abgestellt wird. Da mit der Wartezeit die Dauer der erforderlichen Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen festgelegt wird, hat dieser nach Ablauf der Wartezeit die geforderte Betriebstreue erbracht. Darüber hinaus führt der Ablauf der Wartezeit zu einer Konkretisierung des Vermögensvorteils, da die die Aktienoptionen mit Erreichen eines etwaigen Erfolgsziels jederzeit ausgeübt werden können. Die Angemessenheit der Verfallklausel setzt daher voraus, dass die Unverfallbarkeit der Optionsrechte spätestens mit Ablauf der Wartezeit eintritt;