Dr. Katja Francke, Dr. Norma Studt
Rz. 454
Die Telearbeit wird vielfach in der Arbeitsrechtswissenschaft als eine der modernsten Arbeitsformen der Zukunft beschrieben. Spätestens seit der Corona-Pandemie revolutionieren Telearbeit, mobile Arbeit und Homeoffice den Arbeitsmarkt und schaffen gänzlich neue Chancen und Risiken. Neue innovative und technische Möglichkeiten des digitalen Zeitalters stellen ebenso wie veränderte gesellschaftliche Wertungen und Forderungen der Arbeitnehmer nach flexiblen Arbeitsbedingungen Unternehmen vor neue Herausforderungen. Die Möglichkeit zu einem flexiblen Arbeiten außerhalb von betrieblichen und festen Zeitstrukturen ist für Arbeitnehmer teilweise Kriterium bei der Auswahl des zukünftigen Arbeitgebers. Teilweise besteht auch das Bedürfnis, die Arbeit jedenfalls für einen bestimmten Zeitraum vom Ausland aus erbringen zu können. Für die Arbeitgeber sind dabei komplexe Strukturen und Rahmenbedingungen zu prüfen, insbesondere in Bezug auf den Arbeitsschutz, Datenschutz, die Koordinierung betrieblicher Abläufe und letztlich auch die Kontrolle des Arbeitnehmers. Die Abgrenzung der Begrifflichkeiten dieser die digitale Arbeitswelt prägenden neuen Formen der Arbeit ist in der Praxis – auch mangels existierender Legaldefinitionen, nicht einheitlich. Während sich das klassische Homeoffice im Verständnis der Arbeitswelt noch recht klar umschreiben lässt, nämlich als Arbeit, die der Arbeitnehmer in seiner Wohnung an einem eingerichteten Arbeitsplatz erbringt (zur Ausgestaltung einer Home-Office-Vereinbarung siehe unter § 1a Rdn 1032) und es für diese Formen zumindest in der ArbStättV Regelungen gibt (definiert in § 2 Abs. 7 ArbStättV als eine Form des "Telearbeitsplatzes"), sind die Begriffe der "Telearbeit" und "mobilen Arbeit" keinem bestimmten Arbeitsvertragstyp oder keinen bestimmten Tätigkeitsmerkmalen zuzuordnen. Kennzeichen ist vielmehr nur die Art und Weise der Leistungserbringung. Jedenfalls während der Pandemielage gab es zumindest in einzelnen Schutzverordnungen Definitionen und Umschreibungen der mobilen Arbeit. In teilweise unklarer Abgrenzung werden Telearbeit und mobile Arbeit üblicherweise als Tätigkeiten verstanden, die mithilfe informationstechnischer Endgeräte zumindest zeitweise außerhalb der zentralen Betriebsstätte des Auftraggebers ausgeführt werden, wobei die Verbindung zum Arbeitgeber über Telekommunikationsmedien erfolgt. Kennzeichnend ist, dass der Arbeitsort für die Erbringung der Arbeitsleistung irrelevant ist. Der Arbeitsort ist also gerade nicht an einen Arbeitsplatz in den Privaträumen oder ein eingerichtetes Büro gebunden, sondern kann an beliebigen Orten erbracht werden, weil die Arbeit ausschließlich mittels transportierbarer Mobilgeräte ausgeübt wird.
Zu klären ist bei der Einführung von mobiler Arbeit zunächst der Status des Beschäftigten. Abhängig von der jeweiligen vertraglichen Ausgestaltung und der Art der Erbringung der mobilen Arbeit kann diese sowohl im Rahmen eines Arbeitsvertrages oder Dienstvertrages als auch eines Werkvertrages erbracht werden. Maßgebend ist in erster Linie der Grad der Weisungsabhängigkeit des Mitarbeiters sowie die Ausgestaltung der Anbindung des Mitarbeiters an die betriebliche Organisationseinheit (zur Ausgestaltung eines Dienstvertrages siehe unten Rdn 766 ff.). Denkbar ist auch, dass sich die Ausgestaltung der mobilen Arbeit nach dem Heimarbeitsgesetz richtet, sofern der Arbeitnehmer nicht weisungsabhängig tätig ist (zur Ausgestaltung eines Heimarbeitsvertrags vgl. oben Rdn 440 ff.). Ein Arbeitsverhältnis ist dann anzunehmen, wenn dem Mitarbeiter Weisungen im Hinblick auf die Arbeitsdurchführung, den Arbeitsort bzw. die Arbeitsumstände und auch der Arbeitszeit gegeben werden und der Mitarbeiter zeitlich, betriebsorganisatorisch und technisch in die betriebliche Struktur eingebunden ist.
Rz. 455
Grundsätzlich gibt es derzeit noch keinen gesetzlichen Anspruch der Mitarbeiter auf Ableistung der Arbeit in Form der mobilen Arbeit. Die Rechtsgrundlage für mobiles Arbeiten ist daher arbeitsvertraglich zu regeln, ggf. unter Beachtung kollektivrechtlicher Vorgaben in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen, s. § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG. Ohne eine solche vertragliche Regelung folgt weiterhin aus § 106 GewO, dass der Arbeitgeber den Ort der Arbeit im Rahmen seines Weisungsrechts in den Grenzen billigen Ermessens bestimmen kann, einen geeigneten Arbeitsplatz aber auch zur Verfügung stellen muss. Anerkannt wird ein Anspruch auf Einräumung eines Telearbeitsplatzes im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bei schwerbehinderten Arbeitnehmern. Aus § 164 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB IX wird hergeleitet, dass ggf. ein solcher Anspruch bestehen kann, wenn die Telearbeit leidensgerecht ist und dem Arbeitgeber die Einrichtung des Telearbeitsplatzes zumutbar ist. Ob der Arbeitgeber seinerseits mobiles Arbeiten außerhalb der Betriebsstätte kraft Direktionsrecht dem Arbeitnehmer zuweisen kann, hängt vom Inhalt der ar...