Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
a) Vorbemerkungen
Rz. 650
In der täglichen Praxis nimmt der Beratungsbedarf im Hinblick auf vorübergehende Auslandseinsätze von Arbeitnehmern und deren arbeitsvertraglicher Abbildung aufgrund der Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen deutlich zu. Insofern hat sich der aus dem Sozialrecht entliehene Begriff der Entsendung eingebürgert. Von einer Entsendung wird gesprochen, wenn ein Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses mit einem inländischen Arbeitgeber für diesen für eine bestimmte Zeit in das Ausland entsandt wird, um dort für seinen Arbeitgeber tätig zu werden. Regelmäßig wird dabei von den Parteien davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer nach Ablauf der befristeten Entsendung wieder im Inland für seinen Arbeitgeber tätig werden wird.
Rz. 651
Der vorstehende Entwurf einer Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag soll dazu dienen, die Arbeitsvertragsbedingungen für die Dauer des vorübergehenden Auslandseinsatzes des Arbeitnehmers zu regeln und insoweit den bestehenden Arbeitsvertrag an die besonderen Bedürfnisse während dieser Phase anzupassen. Dabei geht das Vertragsmuster davon aus, dass der Arbeitnehmer im Ausland auch für seinen bisherigen inländischen Arbeitgeber tätig wird. Denkbar ist daneben auch die Option, für den Auslandseinsatz einen Arbeitsvertrag zwischen Arbeitnehmer und dem ausländischen Unternehmen, zu dem dieser entsandt wird (z.B. eine Tochtergesellschaft des Arbeitgebers), abzuschließen. Für die Dauer des Auslandseinsatzes bei dem dritten Unternehmen würde dann der inländische Arbeitsvertrag ruhend gestellt werden (siehe unten Rdn 715). Diese Konstellation wird teilweise unter dem Begriff "Versetzung" zu einer ausländischen Gesellschaft geführt. Zu beachten ist jedoch, dass im Falle einer Versetzung zu einem ausländischen Unternehmen das arbeitsrechtliche Weisungsrecht regelmäßig auf das ausländische Unternehmen übergeht. Zudem werden steuer- und sozialversicherungsrechtliche Fragestellungen in dieser Konstellation anders zu bewerten sein. Die Lösung im Wege einer so verstandenen Versetzung wird jedoch immer dann erforderlich, wenn die lokale Rechtsordnung am Einsatzort das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit einem dort ansässigen Arbeitgeber zur Voraussetzung für die Erlangung einer Aufenthalts- und/oder Arbeitsgenehmigung macht.
Rz. 652
Für die Wahl der vertraglichen Gestaltung wird es in der Praxis immer sinnvoll sein, zunächst die Anforderungen des lokalen Rechts am Einsatzort an eine Beschäftigung des Arbeitnehmers aufzuklären und dann unter Berücksichtigung der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Implikationen die passende arbeitsrechtliche Gestaltung vorzunehmen.
b) Im Einzelnen
Rz. 653
Bei Ergänzungsvereinbarungen zum Arbeitsvertrag im Zusammenhang mit einer Entsendung bietet sich die Voranstellung einer Präambel an. In dieser sollte der Hintergrund für den Abschluss der Ergänzungsvereinbarung kurz dargestellt werden. Auch wenn sich aus der Präambel letztlich keine Ansprüche für eine der beiden Vertragsparteien ableiten lassen, kann diese bei bestehender Unklarheit im Sinne einer Auslegungshilfe sinnvoll sein.
aa) Aufgaben, § 1
Rz. 654
Unter § 1 Abs. 1 wird die Aufgabe des entsandten Mitarbeiters im Einsatzstaat arbeitsvertraglich konkretisiert. Dies ist erforderlich, da die von dem Arbeitnehmer im Ausland wahrzunehmenden Aufgaben regelmäßig von seinen Aufgaben im Inland divergieren werden. Hinsichtlich des Erfordernisses der Konkretisierung der Aufgaben am ausländischen Einsatzort gilt keine Besonderheit gegenüber der für Arbeitsverträge üblichen Tätigkeitsbeschreibung.
Rz. 655
Die Zusatzvereinbarung hinsichtlich der Auslandstätigkeit des Arbeitnehmers sollte zudem eine ausdrückliche Regelung zum Unterstellungsverhältnis während des Auslandseinsatzes enthalten. Allein aufgrund der räumlichen Entfernung wird die Beibehaltung des im Inland bestehenden Unterstellungsverhältnisses in vielen Fällen nicht praktikabel sein. Zumeist bietet sich eine Unterstellung unter einen lokalen Vorgesetzten im Einsatzland. Dieser sollte vertraglich definiert werden. Eine Änderung des Unterstellungsverhältnisses bleibt ungeachtet der vertraglichen Regelung weiterhin möglich.
Rz. 656
§ 1 Abs. 4 verpflichtet den Arbeitnehmer zur Beachtung der gesetzlichen Vorschriften, Sitten und Gepflogenheiten im Einsatzland. Generell bei Auslandsentsendungen und speziell bei Entsendungen ins außereuropäische Ausland werden Arbeitnehmer regelmäßig mit deutlich von den im Inland gewohnten rechtlichen Regelungen und Gepflogenheiten konfrontiert. Auch wenn die Einhaltung lokaler gesetzlicher Vorschriften an sich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist es sinnvoll, in den Entsendungsvereinbarungen nochmals auf diesen Umstand hinzuweisen und den Arbeitnehmer auf diese Weise zu sensibilisieren. Vor Beginn der Entsendung empfiehlt...