Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
Rz. 53
Gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG ist die Befristung zulässig, wenn nur vorübergehender Mehrbedarf an Arbeitskräften besteht und bei Beginn der Befristung zu erwarten ist, dass der Beschäftigungsbedarf über das Vertragsende hinaus nicht mehr besteht. Dies kann bei vorübergehendem erhöhten Arbeitsaufkommen (z.B. wegen des Verkaufs von Weihnachts-, Oster-, Faschings- oder Silvesterartikeln sowie der Arbeit an Projekten, der Produktion von Eiscreme, betrieblicher Umstellungen auf neue Anforderungen, Forstarbeiten während der Vegetationsperiode oder allen saison- und kampagnebedingten Arbeiten, sei es in der Produktion, im Lager oder in der Auslieferung) oder aufgrund bevorstehenden Absinkens des Arbeitskräftebedarfs (z.B. wegen Abwicklungsarbeiten bis zur Betriebsschließung) der Fall sein.
Rz. 54
Oft erfordern bestimmte Projekte einen Mehrbedarf an Arbeitskräften. Für die Dauer eines Projekts ist die Befristung grds. zulässig, solange kein Dauerbedarf an der Tätigkeit gegeben ist (vgl. Rdn 73). Die Prognose des Arbeitgebers bei Abschluss des befristeten Vertrags muss sich auf die Beendigung des Projektes beziehen. Zudem muss der projektbedingte Mehrbedarf ausschlaggebend für den Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags sein. Es schadet nicht, wenn bereits bei Vertragsschluss erkennbar ist, dass der Arbeitnehmer auch mit anderen als projektbezogenen Aufgaben betreut sein wird. Allerdings müssen die projektbezogenen Aufgaben den wesentlichen Teil der Arbeitszeit in Anspruch nehmen, um die Befristung zu rechtfertigen.
Rz. 55
Das gewöhnliche unternehmerische Risiko und damit die bloße Unsicherheit über die betriebliche Entwicklung und den Bedarf an Arbeitnehmer darf nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden. Vielmehr ist die Prognose des Arbeitgebers, dass, warum und wann der Mehrbedarf voraussichtlich endet, Teil des Sachgrundes und muss hinreichend dargelegt und bewiesen werden können. Diese Prognose ist etwa bei einem Träger sozialstaatlicher Aufgaben nicht bereits dann begründet, wenn ihm die dauerhaft anfallenden Aufgaben nur zeitweise übertragen werden und sich hieraus eine Ungewissheit über die zukünftige Auftragslage ergibt. Ferner kommt es ausschließlich auf den betrieblichen Bedarf an, nicht darauf, ob im Anschluss an die Befristung Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Betrieben oder Dienststellen bestehen.
Rz. 56
Der Arbeitnehmer muss gerade zur Deckung eines bestimmten Mehrbedarfs, aber nicht zwingend für die gesamte Dauer des Mehrbedarfs eingestellt werden. Damit entfällt die Befristungsmöglichkeit, wenn ein dauerhafter betrieblicher Mehrbedarf besteht. Bleibt die Befristungsdauer dagegen deutlich hinter dem prognostizierten Mehrbedarf zurück, kann ein Fall institutionellen Rechtsmissbrauchs vorliegen, der die Unwirksamkeit der Befristung zur Folge hat.
Rz. 57
Praxishinweis
Für Aushilfen besteht eine Sonderregelung zur Kündigungsfrist. Während normalerweise die gesetzlichen Mindestkündigungsfristen aus § 622 Abs. 1–3 BGB gelten, soweit keine abweichenden tarifvertraglichen Kündigungsfristen i.S.d. § 622 Abs. 4 BGB einschlägig sind, erlaubt § 622 Abs. 5 Nr. 1 BGB die Vereinbarung einer kürzeren Kündigungsfrist bis hin zur ordentlichen Kündigung ohne Einhaltung einer Frist, wenn ein Arbeitnehmer ausdrücklich zur Aushilfe eingestellt wird und solange das Arbeitsverhältnis nicht über die Zeit von drei Monaten hinaus fortgesetzt wird. Nach Ablauf von drei Monaten gelten auch für Aushilfen die gesetzlichen Mindestfristen aus § 622 Abs. 1 und 2 BGB. Wie bei allen Befristungen muss allerdings die Kündigungsmöglichkeit ausdrücklich vereinbart werden, weil das Arbeitsverhältnis anderenfalls erst mit dem vorgesehenen Befristungsende endet.
Rz. 58
Nur vorübergehender Bedarf besteht nicht, wenn Grund für die Befristung ein Betriebs(teil)übergang ist oder der Arbeitsplatz zukünftig mit einem Leiharbeitnehmer besetzt werden soll. Vorübergehender Bedarf in Bezug auf Leiharbeitnehmer liegt darüber hinaus nur ganz ausnahmsweise vor, nämlich wenn der Verleiher bei Vertragsschluss die Prognose stellt, nach Ablauf der Befristung komme keine Weiterbeschäftigung in Betracht. Regelmäßig ist dies nicht der Fall, weil es gerade typisch für den Verleiher ist, ständig Arbeitnehmer zu vermitteln und das gewöhnliche unternehmerische Risiko von Folgeaufträgen nicht auf den Arbeitnehmer abgewälzt werden darf. Auch die Aus- oder Weiterbildung eines schwerbehinderten Menschen auf Grundlage eines Arbeitsvertrags rechtfertigt eine Befristung nicht (vgl. aber Rdn 130).