Dr. Katja Francke, Dr. Norma Studt
Rz. 125
Der Katalog in § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1–8 TzBfG ist nicht abschließend. Es kommen weitere anerkannte Befristungsgründe in Betracht. Sie können die Befristung aber nur rechtfertigen, wenn sie den in § 14 Abs. 1 TzBfG zum Ausdruck kommenden Wertungen entsprechen. Das gilt auch für tariflich geregelte Sachgründe.
Rz. 126
Die Befristung zur Aus-, Fort- und Weiterbildung als anderer Sachgrund ist grds. zulässig. Erforderlich ist die systematische Verfolgung eines bestimmten Ausbildungsziels und die Vermittlung von Kenntnissen, Erfahrungen oder Fähigkeiten, die durch die übliche Berufstätigkeit nicht erworben werden können und auch außerhalb der Organisation des Arbeitgebers beruflich verwertbar sind. Dazu zählt die Erlangung von aktuellen Kenntnissen über politische, wirtschaftliche und kulturelle Verhältnisse für die Tätigkeit eines Redakteurs oder Reporters im Ausland, nicht dagegen der Erwerb allgemeiner Berufserfahrung oder von aktuellen Sprachkenntnissen eines Lektors oder Übersetzers.
Rz. 127
Andere Sachgründe waren Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen nach §§ 260 ff. und 272 ff. SGB III a.F. (entfallen) sowie Sozialhilfemaßnahmen gem. §§ 18 ff. BSHG a.F. (entfallen). Eingliederungszuschüsse gem. §§ 88 ff. SGB III (§§ 217 SGB III a.F. – entfallen) rechtfertigten die Befristung dagegen nicht.
Rz. 128
Eine sog. Prozessbeschäftigung kann unter bestimmten Voraussetzungen den Regelungen des Befristungsrechts unterliegen. I.d.R. beschäftigt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über das Ende der Kündigungsfrist oder der Befristung hinaus nicht, es sei denn, er ist dazu nach der Rspr. des BAG bei Unterliegen in der ersten Instanz und Fortführung des Verfahrens in zweiter Instanz zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung verpflichtet. Dabei handelt es sich nicht um eine Beschäftigung aufgrund Befristung oder auflösender Bedingung, sondern um eine faktische Beschäftigung aufgrund vorläufiger Vollstreckbarkeit des erstinstanzlichen Urteils gem. § 62 Abs. 1 S. 1 ArbGG; es kommt zu keinem separaten Prozessarbeitsverhältnis, sondern zur vorläufigen Fortsetzung des gekündigten bzw. befristeten oder auflösend bedingten Arbeitsverhältnisses bis zur rechtskräftigen Abweisung der Kündigungsschutz- oder Befristungs- bzw. Bedingungskontrollklage. Ferner kann eine Prozessbeschäftigung aufgrund betriebsverfassungsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruchs gem. § 102 Abs. 5 BetrVG (oder § 85 Abs. 2 BPersVG) erfolgen. Auch in diesem Fall besteht das Arbeitsverhältnis auflösend bedingt durch die rechtskräftige Abweisung der Kündigungsschutzklage kraft Gesetzes und nicht eines neuen befristeten Arbeitsverhältnisses fort.
Zur Vermeidung des Annahmeverzugslohnrisikos kommt jedoch auch die Vereinbarung einer zweckbefristeten (bis zur rechtskräftigen Abweisung der Klage) oder auflösend bedingten (bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens) freiwilligen Prozessbeschäftigung in Betracht. Sie setzt zur Vermeidung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses die Einhaltung des Befristungsrechts voraus, insb. Sachgrund, Schriftformerfordernis sowie Mitteilung nach § 15 Abs. 2 TzBfG. Als Sachgrund kommen der gerichtliche Vergleich gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG und ein unbenannter Sachgrund in Betracht. Solange ungeklärt ist, ob die freiwillig begründete Prozessbeschäftigung einen anderen Sachgrund darstellt, sollte vorsorglich ein gerichtlicher Vergleich abgeschlossen werden, ggf. als Zwischenvergleich (vgl. Rdn 120 ff.). Es besteht allerdings das generelle Risiko, dass sich der Arbeitgeber in Widerspruch zu dem von ihm geltend gemachten Kündigungsgrund setzt.
Ob eine Beschäftigung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung oder eine freiwillige Prozessbeschäftigung vorliegt, wird anhand der ausdrücklichen und konkludenten Erklärungen der Parteien ermittelt. Dabei ist u.a. zu berücksichtigen, dass mit der Abweisung der Klage in zweiter Instanz der Grund für eine Prozessbeschäftigung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung aufgrund vorläufiger Vollstreckbarkeit entfällt.
Rz. 129
Ein weiterer Sachgrund ist die Sicherung der personellen Kontinuität der BR-Arbeit. Ebenfalls zulässig ist eine Befristung wegen einer Wiedereinstellungszusage des Arbeitgebers gegenüber einem bereits ausgeschiedenen Arbeitnehmer. Dasselbe gilt, wenn der Arbeitgeber die spätere anderweitige Besetzung des Arbeitsplatzes plant und sich bereits bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags gegenüber dem als Dauerbesetzung vorgesehenen Arbeitnehmer vertraglich gebunden hat (s.a. Rdn 70) oder ein Auszubildender seine Berufsausbildung demnächst beendet und in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden soll (s.a. Rdn 70). Auch die Beurlaubung eines Beamten mit Rückkehrmöglichkeit bzw. Wiederauflebens des Beamtenverhältnisses rechtfertigt die Befristung bzw. auflösende Bedingung. Ebenso liegt ein Sachgrund für die Befristung vor, wenn ein and...