Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
Rz. 816
Auch wenn eine ausdrückliche gesetzliche Regelung nicht existiert, entspricht es allgemeiner Auffassung, dass der Geschäftsführer während des Bestehens seines Anstellungsverhältnisses vertragsrechtlich einem generellen Wettbewerbsverbot gegenüber der Gesellschaft unterliegt. Daneben begründet sich das Wettbewerbsverbot auch aus der organschaftlichen Stellung des Geschäftsführers zur Gesellschaft. Beide Begründungsansätze überlappen sich, solange der Geschäftsführer aus der Organstellung nicht abberufen wird. Erfolgt die Abberufung, verbleibt bis zur Beendigung des Anstellungsvertrages dennoch das vertragsrechtlich begründete Wettbewerbsverbot. Dies gilt allerdings nicht für den Alleingesellschafter-Geschäftsführer, bei dem grundsätzlich keine Interessenkollision mit den Interessen der Gesellschaft vorliegt und bei dem deshalb ein Wettbewerbsverbot nur mittels ausdrücklicher Vereinbarung begründet werden kann. Das Wettbewerbsverbot erstreckt sich nach der sog. Geschäftschancenlehre auf den gesamten Bereich der Aktivitäten, die die Gesellschaft nach ihrem Gesellschaftszweck wahrnehmen kann, und gilt selbst dann, wenn entsprechende Aktivitäten von der Gesellschaft aktuell nicht ausgeübt werden. Das Wettbewerbsverbot ist schon dann verletzt, wenn der Geschäftsführer eine während des Bestehens des Anstellungsvertrages auf privatem Weg erlangte Kenntnis nicht an die Gesellschaft weitergibt, sondern nach Ausscheiden zu eigenen Zwecken verwendet. Andererseits sind durch ein solches Wettbewerbsverbot rein interne Vorbereitungshandlungen zukünftiger Wettbewerbstätigkeiten, die nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses ergriffen werden sollen, nicht ausgeschlossen, sofern der Geschäftsführer nicht im Rahmen dieser Vorbereitungshandlungen schon Anbahnungsaktivitäten oder einzelne Wettbewerbshandlungen unternimmt.
Das Vertragsmuster bestätigt in § 8 Abs. 1 das Wettbewerbsverbot und erstreckt es darüber hinaus über den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft hinaus auch auf die Aktivitäten konzernangehöriger Unternehmen. Eine solche Regelung dürfte bei konzernangehörigen Unternehmen regelmäßig geboten sein.
Das vertragliche Wettbewerbsverbot gilt während der gesamten Laufzeit des Anstellungsvertrages, also auch dann, wenn die Organstellung des Geschäftsführers durch Abberufung aus der Geschäftsführerstellung bereits vorher beendet worden ist oder der Geschäftsführer von der Gesellschaft von der Verpflichtung zur Dienstleistung freigestellt worden ist. Selbst eine vergleichsweise erfolgende Freistellung bis zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses lässt ohne ausdrücklich anders lautende Vereinbarung das Wettbewerbsverbot unberührt. Das Wettbewerbsverbot gilt selbst dann, wenn die Gesellschaft das Anstellungsverhältnis außerordentlich gekündigt hat, der Geschäftsführer hiergegen gerichtlich vorgeht und während des Laufes des entsprechenden Rechtsstreites Wettbewerbshandlungen vornimmt. Allerdings ist in dieser Konstellation nach der Rechtsprechung des BAG im Wege einer umfassenden Interessenabwägung die Reichweite des Wettbewerbsverbotes im jeweiligen Einzelfall gesondert zu prüfen. Eine Verletzung des Wettbewerbsverbotes begründet in der Regel das Recht der Gesellschaft zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages, wobei allerdings alle Umstände des Einzelfalls bei der notwendigen Abwägung nach dem sog. Ultima-ratio-Prinzip berücksichtigt werden müssen. Daneben kommen Unterlassungsansprüche der Gesellschaft gegen den Geschäftsführer hinsichtlich der gegen das Wettbewerbsverbot verstoßenden Aktivitäten ebenso in Betracht wie Schadensersatzansprüche bzw. Ansprüche auf Herausgabe des durch das wettbewerbswidrige Verhalten des Geschäftsführers erzielten Erlöses.