Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
aa) Vollzeitbeschäftigter
Rz. 224
Für die Frage, ob ein Teilzeitarbeitsverhältnis vorliegt, ist somit zu klären, welche regelmäßige Wochenarbeitszeit ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer hat. Dabei ist die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit vergleichbarer Arbeitnehmer nicht gleichzusetzen mit der betriebsüblichen Arbeitszeit i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Betriebsübliche Arbeitszeit i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ist nach der Rechtsprechung des BAG die im Betrieb regelmäßig geleistete Arbeitszeit. Maßgeblich ist der vertraglich geschuldete regelmäßige zeitliche Umfang der individuellen Arbeitsleistung. Die betriebsübliche Arbeitszeit ist nach der Rechtsprechung in einem Betrieb nicht notwendig einheitlich, sondern kann je nach Vereinbarung für verschiedene Arbeitnehmer oder Arbeitnehmergruppen unterschiedlich sein. Es kann in einem und denselben Betrieb mehrere betriebsübliche Arbeitszeiten geben. Bei Teilzeitbeschäftigten ist betriebsübliche Arbeitszeit deren regelmäßig verkürzte Arbeitszeit. Das gilt auch, wenn nicht alle Teilzeitbeschäftigten mit einheitlicher Wochenstundenzahl arbeiten. Betriebsüblich sind danach diejenigen Arbeitszeiten, die jeweils individualrechtlich als die üblichen vereinbart wurden.
Der "vergleichbare Vollzeitbeschäftigte" i.S.d. § 2 Abs. 1 TzBfG ist dem "vergleichbaren Vollzeitbeschäftigten" i.S.d. Diskriminierungsverbots nach § 4 TzBfG gleichzusetzen. Aus der Formulierung "vergleichbare" vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer ist zu schließen, dass auch die Vollzeitbeschäftigung i.S.d. § 2 Abs. 1 TzBfG nicht betriebseinheitlich vorliegen muss, wie wohl dies oftmals in der Praxis der Fall sein wird. Jedoch kann es nach der Definition auch Gruppen von Vollzeitbeschäftigten mit unterschiedlichen Arbeitszeiten geben.
Rz. 225
Hinweis
Wird in einem Betrieb ein Tarifvertrag angewendet, der für alle Vollzeitarbeitnehmer eine bestimmte Arbeitszeit – z.B. 38,5 Stunden in der Woche – zugrunde legt oder besteht – ohne Anwendung eines Tarifvertrages – eine entsprechende betriebseinheitliche Regelung, so ist die Vollzeitbeschäftigung mit dieser wöchentlichen Arbeitszeit festgelegt. Wird für alle Arbeitnehmer eine bestimmte Vollarbeitszeit im Betrieb geregelt, so kommt es auf die Vergleichbarkeit denknotwendig nicht mehr an. Eine Zuordnung zu einer Gruppe ist nur dann erforderlich, wenn für abgrenzbare Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedliche Vollarbeitszeiten im Betrieb vertraglich vereinbart sind oder aufgrund tarifvertraglicher Regelungen gelten.
Rz. 226
Beispiel
Bei der X-GmbH findet ein Tarifvertrag Anwendung, der für die Mitarbeiter der Verwaltung eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden regelt. Für die Mitarbeiter des Außendienstes gilt eine tarifliche Regelung, die eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit von 37 Stunden vorsieht. Arbeitnehmer A arbeitet in der Verwaltung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Er ist vollzeit- und nicht teilzeitbeschäftigt. Mitarbeiter B arbeitet mit 35 Stunden pro Woche im Außendienst. Er ist teilzeitbeschäftigt.
bb) Vergleichbarkeit
Rz. 227
Gibt es im Betrieb vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer mit unterschiedlichen wöchentlichen Arbeitszeiten, so ist zur Feststellung einer Teilzeitbeschäftigung zu prüfen, welcher Gruppe der infrage stehende Arbeitnehmer zuzurechnen ist. Hierzu sieht § 2 Abs. 1 TzBfG ein mehrstufiges Prüfungsschema vor, wobei auf die betriebliche Ebene abzustellen ist.
Ob vergleichbare Arbeitsverhältnisse vorliegen, ist nach der Art des Arbeitsverhältnisses festzustellen. Dabei sind alle wesentlichen Aspekte des Arbeitsverhältnisses, also Tätigkeit, Arbeitsort, Ausbildung, ggf. Zugehörigkeit zu einer bestimmten Vergütungsgruppe, heranzuziehen. Es können die Kriterien herangezogen werden, die für die Feststellung eines vergleichbaren Arbeitnehmers i.S.d. § 1 Abs. 3 KSchG maßgeblich sind.
Rz. 228
Hinweis
Um zwei vergleichbare Arbeitnehmer handelt es sich im Regelfall, wenn der eine den anderen – ohne Rücksicht auf Hierarchiestufen – vertreten könnte, die Arbeitnehmer somit ausgetauscht werden könnten.
Rz. 229
Kann nach diesen Kriterien nicht festgestellt werden, ob Teilzeitarbeit vorliegt, weil es keinen vergleichbaren Arbeitnehmer im Betrieb gibt, so stellt das Gesetz auf einen vergleichbaren vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer nach dem anwendbaren Tarifvertrag ab. Erforderlich ist unmittelbare Tarifbindung des Arbeitgebers. Im Falle der Tarifkonkurrenz im Betrieb ist davon auszugehen, dass kein Tarifvertrag maßgeblich ist. Abzustellen ist auf die tarifvertragliche Regelarbeitszeit.
Gibt es keinen anwendbaren Tarifvertrag, ist auf die Üblichkeit im jeweiligen Wirtschaftszweig abzustellen. Die Feststellungen dürften in diesem Falle in der Praxis außerordentl...