Dr. Katja Francke, Dr. Norma Studt
Rz. 731
Es entspricht allgemeiner Üblichkeit, im Chefarztvertrag die aus der Leitungsfunktion des Chefarztes für seine Abteilung folgende Verantwortung für den geordneten Dienstbetrieb in der Abteilung und die sonstigen allgemeinen Leitungsaufgaben festzuschreiben. Dadurch wird die Verantwortung des Chefarztes für die ordnungsgemäße Organisation der ihm anvertrauten Abteilung sowohl in personeller als auch in materieller Hinsicht herausgestellt. Zugleich wird ihm durch den Verweis auf den wirtschaftlichen Betrieb des Krankenhauses auferlegt, seine Organisationsverantwortung unter Beachtung der wirtschaftlichen Interessen des Krankenhausträgers und damit der durch seine Entscheidungen verursachten Kosten für den Krankenhausträger wahrzunehmen. Es handelt sich hierbei um eine Ausprägung des dem Chefarzt durch § 6 des Vertragsmusters auferlegten Wirtschaftlichkeitsgebotes.
Zu den organisatorischen Aufgaben des Chefarztes gehört die Verantwortung für eine ordnungsgemäße Personaleinsatzplanung einschließlich der Bereitschaftsdienst- und Rufbereitschaftsplanung und der Planung von Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen sowie bei Notfällen, sowie die Erstellung eines "ordnungsgemäßen" Operationsplanes. Bei der Personaleinsatzplanung muss der Chefarzt sicherstellen, dass die Vorgaben des ArbZG eingehalten werden. Ist ihm dies aufgrund des medizinisch notwendigen Personalbedarfes einerseits und des der Abteilung zugewiesenen ärztlichen Personals andererseits nicht möglich, muss er gegenüber dem Krankenhausträger remonstrieren. Die personelle Verantwortung des Chefarztes bezieht sich auch auf eine planvolle ärztliche Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Grenzen einer für die Abteilung bestehenden ärztlichen Weiterbildungsermächtigung. Ist der Chefarzt nicht selbst im Besitz der erforderlichen Weiterbildungsermächtigung oder deckt die ihm von der zuständigen Ärztekammer erteilte Weiterbildungsermächtigung nur einen Teil des für das Fachgebiet vorgesehenen Weiterbildungskatalogs ab, muss der Chefarzt Sorge dafür tragen, dass die fehlenden Teile der Weiterbildungsermächtigung durch andere in seiner Abteilung tätige Oberärzte abgedeckt werden bzw. – wenn auch das nicht möglich ist – gegenüber dem Krankenhausträger darauf hinwirken, dass entsprechend befähigte Ärzte für die Abteilung eingestellt werden. Anderenfalls kann in der von dem Chefarzt geleiteten Abteilung die für das entsprechende Fachgebiet nach der Weiterbildungsordnung der jeweiligen Ärztekammer vorgesehene ärztliche Facharzt-Weiterbildung nicht oder nicht vollständig durchgeführt werden.
Der Chefarzt muss die medizinischen Abläufe in seiner Abteilung dem jeweiligen Facharztstandard entsprechend organisieren. Dazu gehört in der Regel die Entwicklung und Umsetzung standardisierter medizinischer Vorgehensweisen (sog. standard operation procedures, SOP‘s). Die Verantwortung des Chefarztes besteht des Weiteren für die ordnungsgemäße Wartung und Unterhaltung der Medizingeräte einschließlich der entsprechenden Instruktion des Personals sowie für die Organisation der ordnungsgemäßen Selbstbestimmungsaufklärung der Patienten und die Sicherstellung einer entsprechenden Überwachung bzw. Kontrolle. Wegen der besonderen Wichtigkeit der Einhaltung der Hygieneverantwortung und der arzthaftungsrechtlichen Folgen mangelhafter Hygiene im Krankenhausbetrieb sollte dabei die Verantwortung für die Einhaltung der Hygienevorschriften ausdrücklich hervorgehoben werden.
Durch § 4 Abs. 2 werden dem Chefarzt die dem Träger des Krankenhauses aufgrund gesetzlicher Vorschriften obliegenden Anzeige- und Meldepflichten für den Bereich seiner Klinik oder Abteilung übertragen. Außerdem sehen § 4 Abs. 3 und 4 die Verpflichtung des Arztes vor, abteilungsübergreifend bei der Erledigung der ansonsten im Bereich des Krankenhauses anfallenden allgemeinen ärztlichen Aufgaben (Abs. 3) bzw. speziell bezogen auf die Fachrichtung des Chefarztes (Abs. 4) anfallenden Aufgaben mitzuwirken, die für die Gesamtfunktion des Krankenhauses von Bedeutung sind. Bei Verwendung des Musters muss geprüft werden, welche der Regelungen im konkreten Einzelfall bedeutsam sind, wobei die Teilnahme an den Qualitätssicherungs- und Risikomanagementmaßnahmen des Krankenhausträgers zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Leistungen des Krankenhauses insgesamt unverzichtbar sein dürfte. Demgegenüber kommen z.B. Aufgaben wie die Leitung einer Ausbildungs- und/oder Weiterbildungsstätte für nichtärztliche Berufe, die Teilnahme an der Ausbildung von Studierenden der Medizin, die Übernahme eines Lehrauftrages oder die Organisation des Rettungsdienstes nur in speziellen Fällen in Betracht. Die entsprechenden Regelungsvorschläge in dem Vertragsmuster sollten daher unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles Verwendung finden.