Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
Rz. 144
§ 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG enthält das sog. Anschlussverbot. Die sachgrundlose Befristung ist dem Wortlaut nach nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Lange wurde dem ein "lebenslängliches" Anschlussverbot entnommen. Im Jahr 2011 entschied das BAG dann, dass das Anschlussverbot nicht gilt, wenn das vorherige Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bereits mehr als drei Jahre zurückliegt. Allerdings sollte die Frist vorsorglich gem. § 199 Abs. 1 BGB erst ab Jahresschluss gerechnet werden, da das BAG die Art der Fristberechnung in seiner Entscheidung offen ließ.
Diese einschränkende Rechtsprechung des BAG stieß in der Literatur und den Instanzgerichten auf ein geteiltes Echo. Insbesondere das LAG Baden-Württemberg hielt die Rechtsfortbildung des BAG für unzulässig. Das ArbG Braunschweig legte die Frage dem BVerfG zur Entscheidung vor. Dieses hielt die Rechtsfortbildung des BAG für nicht verfassungskonform; die mit der Beschränkung der sachgrundlosen Befristung einhergehende Beeinträchtigung der individuellen Berufsfreiheit sei wegen des Schutzes vor der Gefahr von Kettenbefristungen und zur Sicherung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt.
Damit bleibt es bei dem sog. lebenslänglichen Anschlussverbot, dem sich das BAG zwischenzeitlich wieder anschloss, es sei denn, dass die Gefahr einer Kettenbefristung aufgrund struktureller Unterlegenheit der Arbeitnehmer besteht oder eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer war. Danach soll etwa ein acht Jahre und neun Monate oder neun Jahre zurückliegendes Arbeitsverhältnis keinen sehr langen Zeitraum darstellen.
"Derselbe Arbeitgeber" ist die anstellende natürliche oder juristische Person, nicht der Betrieb, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt wird. Schließen jedoch mehrere Arbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende sachgrundlos befristete Arbeitsverträge, um das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG zu umgehen, kann ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegen. Ein der Befristung entgegen stehendes Arbeitsverhältnis liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer zuvor Beamter, freier Mitarbeiter oder Organ der Gesellschaft war. Das Risiko der sog. Scheinselbstständigkeit liegt beim Arbeitgeber. Die Arbeitsvertragsparteien können bei Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages vereinbaren, dass die Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber als Vorbeschäftigung i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG behandelt werden soll. Aus einer vertraglichen Regelung über den Beginn der Unternehmenszugehörigkeit soll z.B. nicht geschlossen werden können, dass die Parteien von einem fiktiven Bestand eines Arbeitsverhältnisses vor diesem Zeitpunkt ausgingen.
Rz. 145
Praxishinweis
Wenn keine Vorbeschäftigung (vgl. Rdn 144) bei demselben Arbeitgeber bestand, ist die sachgrundlose Befristung der Sachgrundbefristung vorzuziehen. Denn im Anschluss daran kommt bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zumindest noch eine Sachgrundbefristung in Betracht, während dies in umgekehrter Reihenfolge nicht möglich ist. Zu vermeiden ist die mündliche oder schriftliche Erwähnung eines zugleich vorliegenden Sachgrundes, wenn die Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG erfolgen soll.
Rz. 146
Ein Wechsel zwischen Konzernunternehmen ist möglich, wenn das befristete Arbeitsverhältnis nicht lediglich zu Umgehungszwecken eingegangen wird oder ein ruhendes Arbeitsverhältnis bzw. ein Rückkehrrecht besteht.
Rz. 147
Auch die sachgrundlose Befristung mit einem Leiharbeitnehmer ist grds. zulässig, es sei denn, der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Leiharbeitnehmer war unwirksam, so dass gem. § 10 AÜG ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher fingiert wurde. Ein im Anschluss daran begründetes, sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher ist an sich nicht rechtsmissbräuchlich.
Rz. 148
Innerhalb eines gemeinsamen Betriebes zweier oder mehrerer Arbeitgeber ist die erneute befristete Tätigkeit ebenfalls zulässig, wenn der Wechsel des Arbeitgebers nicht nur zu Umgehungszwecken stattfindet. Nicht ausreichend für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs ist die Überlassung eines sachgrundlos befristeten Arbeitnehmers an seinen vormaligen Vertrags-Arbeitgeber, bei dem er zuvor sachgrundlos befristet beschäftigt war.
Rz. 149
Bei einem Betriebs(teil)übergang nach § 613a BGB greift das Anschlussverbot nur, wenn das befristete Arbeitsverhältnis mit übergeht; wurde es vorher beendet, dann kann auch mit dem Erwerber ein neues befristetes Arbeitsverhältnis eingegangen werden.
Rz. 150
Erlischt der Arbeitgeber etwa im Zuge einer Verschmelzung unter Auflösung ohne Abwicklung im Wege der Aufnahme nach § 2 Nr. 1 UmwG, darf der übernehmende Rechtsträger wirksam nach § 14 Abs. 2 TzBfG befristen. Dies gilt auch für fusion...