Dr. Katja Francke, Dr. Norma Studt
Rz. 140
§ 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG enthält das sog. Anschlussverbot. Die sachgrundlose Befristung ist dem Wortlaut nach nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Maßgeblich für den Bestand eines Arbeitsverhältnisses ist der Beginn der wechselseitigen Rechte und Pflichten, also im Regelfall der vereinbarte Arbeitsbeginn.
Lange wurde § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ein "lebenslängliches" Anschlussverbot entnommen. Im Jahr 2011 entschied das BAG dann, dass das Anschlussverbot nicht gilt, wenn das vorherige Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bereits mehr als drei Jahre zurückliegt. Dies stieß in der Literatur und den Instanzgerichten auf ein geteiltes Echo. Insb. das LAG BW hielt die Rechtsfortbildung des BAG für unzulässig. Das ArbG Braunschweig legte die Frage dem BVerfG zur Entscheidung vor. Dieses hielt die Rechtsfortbildung des BAG für nicht verfassungskonform; die mit der Beschränkung der sachgrundlosen Befristung einhergehende Beeinträchtigung der individuellen Berufsfreiheit sei wegen des Schutzes vor der Gefahr von Kettenbefristungen und zur Sicherung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Regel gerechtfertigt.
Damit gilt wieder das sog. lebenslängliche Anschlussverbot, es sei denn, dass keine Gefahr einer Kettenbefristung aufgrund struktureller Unterlegenheit des Arbeitnehmers besteht oder eine Vorbeschäftigung sehr lange zurückliegt, ganz anders geartet oder von sehr kurzer Dauer war. Danach soll etwa ein acht Jahre und neun Monate oder neun Jahre zurückliegendes Arbeitsverhältnis keinen sehr langen Zeitraum darstellen. Liegt ein Arbeitsverhältnis etwa 15 Jahre zurück, ist dies ohne das Hinzutreten besonderer Umstände, gemessen an einem typisierend 40-jährigen Berufsleben und der Wertung aus § 622 Abs. 2 BGB, wonach die längste Kündigungsfrist erst nach 20 Jahren eingreift, ebenfalls kein sehr langer Zeitraum, eine 22 Jahre zurückliegende Vorbeschäftigung im Einzelfall jedoch schon. Für die Frage, ob eine Tätigkeit ganz anders geartet ist, kommt es z.B. darauf an, ob erhebliche zusätzliche Fachkenntnisse oder Fähigkeiten erforderlich sind bzw. ein zeitlicher und inhaltlicher Bruch in der Erwerbsbiografie vorliegt. Eine geringfügige Nebenbeschäftigung während der Schul-, Studien- oder Ausbildungszeit kann die Annahme rechtfertigen, das Verbot der sachgrundlosen Befristung sei nicht erforderlich, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regel zu erhalten. Bei der Beurteilung, ob eine Vorbeschäftigung von sehr kurzer Dauer ist, haben die Tatsacheninstanzen einen Beurteilungsspielraum; ein Arbeitsverhältnis für die Dauer von acht Wochen, die 13 Jahre zurückliegt, ist eine Vorbeschäftigung von kurzer Dauer, nicht eine Vorbeschäftigung von zwei Jahren und zehn Monaten, von neun Monaten oder sogar nur knapp sechs Monaten (unter Verweis auf § 1 Abs. 1 KSchG und § 622 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 BGB). Offen ist bislang, ob und wann ein Zusammentreffen von nach diesen Kriterien (knapp) nicht ausreichenden Merkmalen im Rahmen einer Gesamtwürdigung eine Abweichung von § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG rechtfertigt.
"Derselbe Arbeitgeber" ist die anstellende natürliche oder juristische Person, nicht der Betrieb, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt wird. Schließen jedoch mehrere Arbeitgeber in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Arbeitnehmer aufeinanderfolgende sachgrundlos befristete Arbeitsverträge, um das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG zu umgehen, kann ein Fall des Rechtsmissbrauchs vorliegen. Ein der Befristung entgegen stehendes Arbeitsverhältnis liegt nicht vor, wenn der Arbeitnehmer zuvor Beamter, freier Mitarbeiter oder Organ der Gesellschaft war. Das Risiko der sog. Scheinselbstständigkeit liegt beim Arbeitgeber. Die Arbeitsvertragsparteien können bei Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages vereinbaren, dass die Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber als Vorbeschäftigung i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG behandelt werden soll. Aus einer vertraglichen Regelung über den Beginn der Unternehmenszugehörigkeit soll jedoch nicht geschlossen werden können, dass die Parteien von einem fiktiven Bestand eines Arbeitsverhältnisses vor diesem Zeitpunkt ausgingen.
Rz. 141
Praxishinweis
Wenn keine Vorbeschäftigung bei demselben Arbeitgeber bestand oder ausnahmsweise (und sicher bestimmbar) das Anschlussverbot nicht eingreift (vgl. Rdn 140), ist die sachgrundlose Befristung der Sachgrundbefristung vorzuziehen. Denn im Anschluss daran kommt bei Vorliegen der entspr. Voraussetzungen noch eine Sachgrundbefristung in Betracht, während dies in umgekehrter Reihenfolge nicht möglich ist. Rein vorsorglich (vgl. Rdn 34, 136) vermieden werden sollte die mündliche oder schriftliche Erwähnung eines zugleich vorliegenden Sachgrundes.
Rz. 142
Ein Wechsel zwischen Konzernunternehmen ist möglich, wenn das befristete Arbeitsverh...