Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
(1) Typischer Sachverhalt
Rz. 94
Typischerweise wird ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit vorangestellter Probezeit vereinbart. Soll es während der Probezeit beendet werden, so muss es gekündigt werden, wobei allerdings während der Wartezeit auf den Kündigungsschutz kein besonderer Kündigungsgrund nach dem KSchG erforderlich ist. Der Arbeitgeber kann jedoch auch ein befristetes Arbeitsverhältnis zur Erprobung nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG abschließen. Dann endet das Arbeitsverhältnis mit dem vereinbarten befristeten Enddatum der Erprobung, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Hieran kann der Arbeitgeber ein Interesse haben, z.B. weil Sonderkündigungsschutz die Kündigung erschwert oder weil der Arbeitnehmer bereits zuvor bei demselben Arbeitgeber in anderer Tätigkeit beschäftigt war und deshalb die Befristung für eine ganz neue Tätigkeit, die der Erprobung bedarf, nach § 14 Abs. 2 TzBfG nicht in Betracht kommt.
(2) Rechtliche Grundlagen
Rz. 95
Die Befristung zur Erprobung ist anerkannt. Ihr steht nicht entgegen, dass ein TV die Probezeit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis vorsieht. Obgleich der Arbeitgeber grds. die Absicht haben muss, den Arbeitnehmer bei Bewährung unbefristet zu beschäftigen, ist er frei in der Entscheidung, im Anschluss an die befristete Erprobung einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu schließen. Wenn der Arbeitnehmer allerdings Indizien für den Weiterbeschäftigungswillen des Arbeitgebers darlegen und beweisen kann, kann ausnahmsweise die Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung bestehen oder aber der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig werden.
Rz. 96
Die Befristung setzt die Erforderlichkeit der Erprobung voraus, weil der Arbeitnehmer die Tätigkeit bei dem Arbeitgeber noch nicht ausgeübt hat. Lag etwa bereits eine sachgrundlose Befristung gem. § 14 Abs. 2 TzBfG hinsichtlich der gleichen Aufgaben vor, kommt eine weitere Erprobung nicht in Betracht. Nicht einheitlich beurteilt wird die Frage, ob der Sachgrund der Erprobung nach Abschluss eines Ausbildungsverhältnisses zulässig ist.
Rz. 97
Praxishinweis
War der Arbeitnehmer bei demselben Arbeitgeber innerhalb der letzten drei Jahre nicht beschäftigt (vgl. Rdn 144), so sollte regelmäßig die sachgrundlose Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG vorgezogen werden, weil sie die "Erprobung" bis zu zwei Jahren ermöglicht. Der Hinweis auf die Erprobung und damit auf § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 TzBfG sollte dann allerdings unterbleiben.
Rz. 98
Entgegen früherer Rspr. ist die Angabe des Erprobungszwecks im Vertrag nicht erforderlich. Jedoch muss darauf geachtet werden, dass die Befristung deutlich wird. Denn anderenfalls liegt ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit vorgeschalteter Probezeit vor, das nicht automatisch mit der Probezeit endet.
Rz. 99
Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass ein Formulararbeitsvertrag nicht die Befristungsdauer insgesamt hervorhebt (z.B. ein Jahr), ohne die gleichzeitige Befristung zur Erprobung bis zur Dauer von sechs Monaten gleichermaßen hervorzuheben; denn dann ist die Befristung zur Erprobung nach § 305c Abs. 1 BGB überraschend.
Rz. 100
Hinsichtlich der zulässigen Dauer der befristeten Erprobung gilt der Maßstab der §§ 1 Abs. 1 KSchG, 622 Abs. 3 BGB und damit regelmäßig ein Zeitraum von sechs Monaten. Früher galt, dass kürzere, seltener längere oder sogar erneute Erprobungen in Betracht kommen können und anwendbare TV die als ausreichend angesehene Erprobungszeit bestimmen. Im unbefristeten Arbeitsverhältnis soll dem BAG zufolge die Angemessenheit der Dauer der Probezeit nicht von der Tätigkeit abhängen, sondern ein sechsmonatiger Erprobungszeitraum generell angemessen sein. Dies dürfte auf die Befristung zur Erprobung zu übertragen sein, soweit es sich um eine Ersterprobung handelt. Verlängerungen der Erprobungszeit über sechs Monate hinaus sind dagegen nach wie vor nur ausnahmsweise gerechtfertigt.
Rz. 101
Praxishinweis
Unter eingeschränkten Voraussetzungen kommt die Verlängerung des Erprobungszeitraums durch Aufhebungsvertrag auch über die Dauer von sechs Monaten in Betracht. Anstelle der wegen § 1 KSchG nicht auf ihre Sozialwidrigkeit zu prüfenden Kündigung innerhalb der ersten sechs Monate des Arbeitsverhältnisses schließen die Parteien einen unbedingten Aufhebungsvertrag mit bedingter Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung des Arbeitnehmers in der folgenden Zeit. Vorsicht ist geboten: Die mangelnde Eignung bei Abschluss des Aufhebungsvertrags muss objektiv bestehen; die bloße Verbesserungsmöglichkeit reicht i.d.R. nicht. Auch muss sich die Dauer der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter dem Aufhebungsvertrag an der Kündigungsfrist orientieren, da es sich sonst um die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses handelt, die eines Sachgrundes bedarf (vgl. hierzu § 1c Rdn 320 f.)