Dr. Katja Francke, Dr. Norma Studt
Rz. 741
In § 7 Abs. 2 des Vertragsmusters wird klargestellt, dass der Arzt seine volle Arbeitskraft in den Dienst des Krankenhausträgers zu stellen hat. Angesichts der früher bestehenden Üblichkeit, einem Chefarzt das Recht zur privatärztlichen Behandlung von stationären Wahlleistungspatienten im Wege der Privatliquidation und von ambulanten Patienten im Wege der Nebentätigkeit einzuräumen, und aufgrund des Umstandes, dass der Chefarzt als leitender Arzt seiner Abteilung in der Festlegung der Arbeitszeit zwangsläufig frei sein muss, ist es notwendig, die Verpflichtung zum Einsatz der vollen Arbeitskraft im Dienst des Krankenhausträgers ausdrücklich festzuschreiben. Der vom Chefarzt geschuldete zeitliche Umfang der Arbeitszeit ergibt sich aus den jeweils im Einzelfall insbesondere aus den medizinischen Notwendigkeiten seiner Abteilung folgenden Umständen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass der Chefarzt nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 ArbZG zwar nicht den Bestimmungen des ArbZG unterfällt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Chefarzt zu unbegrenzter Arbeitsleistung verpflichtet ist. Grenzen folgen vielmehr aus den §§ 618, 138 BGB und dem AGG. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit, im Chefarztvertrag eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit festzulegen. Im Hinblick auf die dem Chefarzt obliegende Leitungsverantwortung für seine Abteilung und die damit verbundene Freiheit zur unkontrollierten Festlegung der Lage der Arbeitszeit ist dies aber weder sinnvoll noch geboten. Vielmehr muss der Chefarzt selbst entscheiden, zu welchen Zeiten er seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt. Es stellt sich daher in der Praxis auch in der Regel nicht die Frage, ob und in welchem Umfang der Chefarzt zur Leistung von Überstunden verpflichtet ist.
Korrespondierend mit der Berechtigung zur eigenständigen Festlegung der Lage der vom Chefarzt zu erbringenden Arbeitszeiten kann im Einzelfall die Notwendigkeit bestehen, im Anstellungsvertrag Regelungen über eine Mindestanwesenheitszeit des Chefarztes in der von ihm geleiteten Abteilung festzulegen. Dies kann insbesondere bei Chefärzten geboten sein, die wissenschaftliche Aktivitäten mit überregionaler oder internationaler Bedeutung entfalten und deshalb häufig an auswärtigen Kongressen teilnehmen. In derartigen Fällen kann ein Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse des Chefarztes an seiner wissenschaftlichen Betätigung und dem Interesse des Krankenhausträgers an der klinischen Tätigkeit des Chefarztes in der von ihm geleiteten Abteilung bestehen, dass durch die vertragliche Festlegung von Mindestanwesenheitszeiten aufgelöst werden kann. Da es sich hierbei allerdings nur um Einzelfälle handelt, verzichtet das Vertragsmuster auf einen Regelungsvorschlag.
Die Begründung des Erfordernisses einer Genehmigung des Krankenhausträgers vor Übernahme einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Nebentätigkeit oder von Ämtern bzw. Ehrenämtern ist für Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern in Führungspositionen üblich. Insoweit sei auf die Erläuterung zur Arbeitsvertragsklausel Nebentätigkeit (vgl. § 1a Rdn 1162 ff.) verwiesen. Ergänzend sei hinsichtlich der im Vertragsmuster ebenfalls vorgesehenen Genehmigungspflichtigkeit für Veröffentlichungen und Vorträge, die den Tätigkeitsbereich des Krankenhausträgers betreffen, darauf hingewiesen, dass bei der Entscheidung über die Genehmigung von Veröffentlichungen und Vorträgen die Weisungsfreiheit des Chefarztes im medizinischen Bereich, ggf. auch das Grundrecht der Forschungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG zu berücksichtigen sind, sodass die nach dem Vertragsmuster erforderliche Genehmigung für derartige Veröffentlichungen in der Regel erteilt werden muss. Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn die Inhalte der Veröffentlichung schützenswerte Interessen des Krankenhausträgers betreffen.