Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
Rz. 848
Ein wesentlicher Unterschied zum Geschäftsführeranstellungsvertrag findet sich in der Regelung über die Vertragsdauer und Kündigung.
Im Gegensatz zum Geschäftsführeranstellungsvertrag kann der Anstellungsvertrag des Vorstandsmitgliedes nämlich nur als befristetes Anstellungsverhältnis mit einer maximalen Befristungsdauer von fünf Jahren entsprechend der Regelung in § 84 Abs. 1 S. 5 AktG abgeschlossen werden. Sinn dieser Bindung ist es, einen Gleichlauf von Bestellung und Anstellungsverhältnis herzustellen. Hieraus ergibt sich zugleich, dass im Anstellungsvertrag geregelt werden kann, dass sich der Anstellungsvertrag automatisch verlängert, wenn der Aufsichtsrat im Anschluss an den Ablauf des Bestellungszeitraums eine erneute Bestellung zum Vorstandsmitglied vornimmt. Diesen Weg wählt das Vertragsmuster in § 19 Abs. 3.
Üblicherweise wird bei Vorstandsmitgliedern während der Laufzeit des Anstellungsvertrages das Recht zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen. Auch ohne einen ausdrücklichen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechtes wird ein solcher im Wege der Auslegung einem Vorstandsanstellungsvertrag entnommen, wenn die ordentliche Kündigung nicht ausdrücklich zugelassen ist. Die ordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages setzt voraus, dass zuvor oder gleichzeitig der Widerruf der Bestellung erklärt wird, weil sonst die Gesellschaft unter Umgehung des § 84 Abs. 3 AktG die Beendigung des Amtes ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes herbeiführen könnte. Eine – vertraglich nicht ausgeschlossene – ordentliche Kündigung muss, sofern nicht längere Kündigungsfristen vereinbart sind, die Kündigungsfristen des § 622 BGB einhalten. Da die ordentliche Kündbarkeit eines befristeten Vorstandsvertrages typischerweise den Interessen der Parteien nicht entspricht, geht das Vertragsmuster in § 19 Abs. 4 ebenfalls von der ordentlichen Unkündbarkeit während der Laufzeit des Vertrages aus.
Rz. 849
Unberührt bleibt selbstverständlich das Recht zur außerordentlichen Kündigung des Vertrages. Die außerordentliche Kündigung ist bei Fehlen einer vertraglichen Formvorschrift grundsätzlich formfrei möglich, weil § 623 BGB auf den Anstellungsvertrag eines Vorstandsmitgliedes nicht anwendbar ist. In dem Widerruf der Bestellung aus wichtigem Grund kann daher auch konkludent die außerordentliche Kündigung des Anstellungsvertrages enthalten sein, wenn der Anstellungsvertrag kein Schriftformerfordernis für die Kündigung vorsieht. Ein solches vertragliches Schriftformerfordernis sollte daher auf jeden Fall vereinbart werden (vgl. § 20 Abs. 1). Ein Grund für eine außerordentliche Kündigung liegt dann vor, wenn nach Abwägung aller relevanten Interessen sowohl der Gesellschaft als auch des Vorstandsmitgliedes die Fortsetzung des Anstellungsvertrages bis zum planmäßigen Ablauf der Anstellungsfrist für die kündigende Vertragspartei nicht mehr zumutbar ist. Für die Beurteilung kommt es jeweils auf den Einzelfall an. Zulässig ist es, im Anstellungsvertrag einzelne Beispielsfälle für außerordentliche Kündigungsgründe zu normieren, wie dies in § 19 Abs. 4 des Vertragsmusters geschehen ist. Dies entbindet in der konkreten Situation allerdings nicht von der Verpflichtung zu prüfen, ob der zur Begründung einer außerordentlichen Kündigung gewählte Anlass derart gewichtig ist, dass die Fortsetzung des Anstellungsvertrages unzumutbar geworden ist.
Besonders relevant ist die Verknüpfung zwischen der nach § 84 Abs. 3 AktG bestehenden Berechtigung des Aufsichtsrates zum Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied aus wichtigem Grund mit der Kündigung des Anstellungsvertrages aus wichtigem Grund. Eine solche Verknüpfung ist rechtlich zulässig. Selbstverständlich löst nur der rechtmäßige Widerruf der Bestellung zum Vorstandsmitglied das außerordentliche Kündigungsrecht aus.
Denkbar ist auch, den Widerruf der Bestellung zur auflösenden Bedingung des Anstellungsvertrages zu machen. Auch eine solche Regelung wäre zulässig. Sie führt, sofern nicht weitere wichtige Gründe für eine außerordentliche Kündigung des Anstellungsverhältnisses vorliegen, allerdings nur unter Wahrung der Fristen des § 622 BGB zur Beendigung des Anstellungsvertrages. Von einer solchen Regelung sieht das Vertragsmuster jedoch ab. Mit dem gewählten Regelungsmuster soll erreicht werden, dass mit dem Widerruf der Bestellung kein Auflösungsautomatismus auch hinsichtlich des Anstellungsvertrages eintritt, sondern der Aufsichtsrat gesondert über die Frage der außerordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages verhandeln und entscheiden muss.
Rz. 850
Wegen der bei außerordentlichen Kündigungen bestehenden sonstigen Probleme hinsichtlich der Kenntniserlangung, der Fristberechnung etc. wird auf das Vertragsmuster zum Geschäftsführeranstellungsvertrag verwiesen.