Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
Rz. 746
Das vorgeschlagene Vertragsmuster geht davon aus, dass die Entscheidungen in personellen Angelegenheiten der Arbeitnehmer der Abteilung vom Krankenhausträger und nicht vom Chefarzt getroffen werden. Da mit der Leitungsverantwortung des Chefarztes jedoch die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Auswahl des für die Abteilung maßgeblichen Personals verbunden sein muss, sieht das Muster vor, dass der Chefarzt vor Entscheidungen des Krankenhausträgers zu den wesentlichen auf diesen Personenkreis bezogenen personellen Einzelmaßnahmen – Einstellung und Entlassung, Versetzung und Umsetzung, Eingruppierung und Umgruppierung – vom Krankenhausträger angehört werden muss. Die Einflussnahme des Chefarztes ist nach dem Vertragsmuster auf eine Anhörung beschränkt. Der Krankenhausträger muss dem Chefarzt daher vor einer entsprechenden Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Will man die Einflußnahmemöglichkeit des Chefarztes in diesem Kontext intensiver ausgestalten, besteht die Möglichkeit, statt eines Anhörungsrechts die Entscheidung an das Benehmen oder das Einvernehmen mit dem Chefarzt zu knüpfen.
Welche Personen zum Kreis der leitenden nichtärztlichen Mitarbeiter gehören, lässt sich nur im Einzelfall bestimmen. Zu denken ist hier an leitende Pflegekräfte, leitende Mitarbeiter des medizinisch-technischen Dienstes (leitende Kardiotechniker o.ä.) oder der Abteilung zugeordnete leitende kaufmännische Mitarbeiter. Die "Chefsekretärin" des Chefarztes gehört regelmäßig nicht zum Kreis der leitenden nichtärztlichen Mitarbeiter. Will der Chefarzt sich bei personellen Einzelmaßnahmen gegenüber der Chefarztsekretärin ein Beteiligungsrecht einräumen lassen, muss dies ausdrücklich geregelt werden.
Jenseits der Entscheidungsbefugnis in den wesentlichen personellen Einzelmaßnahmen obliegt dem Chefarzt die Ausübung des arbeitgeberseitigen Direktionsrechtes gegenüber den nachgeordneten Mitarbeitern der Abteilung. Das Weisungsrecht erstreckt sich auf jeden Fall auf die fachlich-medizinisch begründeten Entscheidungen, weil der Chefarzt in diesem Bereich letztentscheidungsbefugt ist. Ob der Chefarzt gegenüber dem nachgeordneten Personal auch in anderen, insbesondere organisatorischen oder allgemein arbeitsrechtlichen Angelegenheiten weisungsbefugt ist oder die Entscheidungszuständigkeit insoweit bei anderen Organisationseinheiten des Krankenhausträgers, bspw. der Personalabteilung liegt, ist jeweils im Einzelfall zu ermitteln. Das Vertragsmuster geht insoweit ebenfalls von einer Weisungsbefugnis des Chefarztes aus, weil die dem Chefarzt obliegende Leitungsverantwortung für die Klinik oder Abteilung nur sinnvoll wahrgenommen werden kann, wenn der Chefarzt den Einsatz des Personals in der von ihm zu verantwortenden Organisation durch eigene Entscheidung steuern kann. Allerdings sieht das Vertragsmuster gleichfalls vor, dass das Weisungsrecht des Chefarztes durch den Krankenhausträger außerhalb der fachlich-medizinischen Entscheidungen überholt werden kann. Der Chefarzt wird bei der Ausübung des Weisungsrechts als Vertreter des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmern tätig. Er hat dementsprechend bei der Ausübung des Direktionsrechtes auch die den Arbeitgeber beschränkenden Grenzen billigen Ermessens im Rahmen des § 315 Abs. 1 BGB zu beachten (vgl. dazu § 1a Rdn 843 ff.). Soweit Weisungen des Chefarztes die originäre ärztliche Tätigkeit betreffen, der Chefarzt insoweit also gegenüber dem Krankenhausträger weisungsfrei ist, ergibt sich die Weisungsberechtigung gegenüber den nachgeordneten Mitarbeitern gleichfalls aus dem vom Krankenhausträger abgeleiteten arbeitgeberseitigen Direktionsrecht.
Die Weisungsbefugnis des Chefarztes stellt für diesen sowohl eine Berechtigung als auch eine Verpflichtung dar. Nur mit dem vom Arbeitgeber abgeleiteten Weisungsrecht ist der Chefarzt nämlich in der Lage, die ihm nach §§ 3 und 4 des Vertragsmusters obliegende Verantwortung für seine Abteilung wahrzunehmen und sicherzustellen, dass der für eine ordnungsgemäße medizinische Behandlung zu gewährleistende Facharztstandard in seiner Abteilung jederzeit eingehalten wird. Bei der Ausübung der Weisungsrechte muss sich der Chefarzt daran orientieren, dass er einerseits das Wirtschaftlichkeitsgebot beachtet, andererseits aber auch die dem Krankenhausträger obliegende Verpflichtung zur standardangemessenen ärztlichen Behandlung in der Abteilung des Krankenhauses gewährleistet. Auch im Übrigen müssen die Weisungen des Chefarztes betreffend den Einsatz der nachgeordneten ärztlichen und nichtärztlichen Mitarbeiter den reglementierenden gesetzlichen und untergesetzlichen Vorschriften entsprechen. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften, insbesondere die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes, deren Einhaltung der Chefarzt ebenfalls sicherzustellen hat.
Rz. 747
Aufgrund des Umstandes, dass es in Krankenhäusern nicht unüblich ist, dass vorübergehend nicht beim Krankenhausträ...