Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
1. Elternzeit
Rz. 374
Während der ersten Lebensjahre ihres Kindes können Arbeitnehmer Elternzeit für bis zu drei Jahre in Anspruch nehmen. Während der Dauer der Elternzeit ruhen die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis, so dass die Arbeitnehmer sich um Betreuung und Erziehung eines Kindes kümmern können. Um die Folgen des damit verbundenen Verdienstausfalls zu mindern, sieht das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) neben der Elternzeit auch staatliche Leistungen wie das Elterngeld vor. Für den Arbeitgeber besteht die Möglichkeit, befristet Ersatzkräfte einzustellen (vgl. hierzu § 1b Rdn 184 f.).
Das BEEG wurde durch Gesetz vom 18.12.2014 grundlegend geändert. Allerdings gelten diese Änderungen weitestgehend nur für Kinder, die nach dem 30.6.2015 geboren wurden. Demensprechend ist für einen Übergangszeitraum zwischen diesen Kindern und Kindern, die vor dem 1.7.2015 geboren wurden, zu unterscheiden.
a) Elternzeit für nach dem 30.6.2015 geborene Kinder
aa) Anspruch auf Elternzeit
Rz. 375
Arbeitnehmer können Elternzeit in Anspruch nehmen, wenn sie mit ihrem Kind oder einem der anderen in § 15 Abs. 1 BEEG genannten Kinder in einem Haushalt leben und dieses selbst betreuen und erziehen. Sofern ein Elternteil noch minderjährig ist oder in Vollzeit einer vor dem 18. Lebensjahr begonnenen Ausbildung nachgeht, können auch Großeltern unter den in § 15 Abs. 1a BEEG genannten Voraussetzungen Anspruch auf Elternzeit haben.
Der Anspruch auf Elternzeit besteht für jedes Kind bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres bzw. bis zu drei Jahre ab Aufnahme des Kindes in Vollzeit- oder Adoptionspflege, § 15 Abs. 2 BEEG. Allerdings können die Arbeitnehmer bis zu 24 Monate der Elternzeit auf den Zeitraum zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes übertragen. Nimmt eine Arbeitnehmerin im Anschluss an die Mutterschutzfrist (§ 3 Abs. 2, 3 MuSchG) Elternzeit, so wird die Mutterschutzfrist auf die Elternzeit angerechnet.
Will ein Arbeitnehmer Elternzeit nehmen, so muss er diese schriftlich beim Arbeitgeber geltend machen und zwar grundsätzlich spätestens sieben Wochen vor Beginn für Zeiträume bis zum dritten Geburtstag des Kindes und 13 Wochen vorher für Zeiträume zwischen dem dritten und dem achten Geburtstag des Kindes, § 16 Abs. 1 BEEG. Eine spätere Antragsstellung ist nur bei dringenden Gründen (z.B. unerwartet frühe Geburt) möglich oder wenn eine Arbeitnehmerin im Anschluss an die Mutterschutzfrist Elternzeit beantragt und den Antrag nicht rechtzeitig stellen konnte.
Hinweis:
Nach der Rechtsprechung des BAG muss das Elternzeitverlangen schriftlich im Sinne des § 126 Abs. 1 BGB erklärt werden. Dementsprechend reicht eine Erklärung per Telefax oder E-Mail nicht aus. Wurde die Schriftform nicht gewahrt, so ist die Erklärung nichtig, § 125 S. 1 BGB, so dass z.B. kein Sonderkündigungsschutz (hierzu siehe § 1c Rdn 195 ff.) besteht. Allerdings kann es treuwidrig sein, wenn sich der Arbeitgeber auf die fehlende Schriftform beruft.
Die Einhaltung der Frist ist hingegen keine Wirksamkeitsvoraussetzung. Allerdings verschiebt sich die Elternzeit bei Versäumung dieser "Anmeldefrist" nach hinten bzw. wird verkürzt.
Beantragt der Arbeitnehmer Elternzeit für den Zeitraum bis zum dritten Geburtstag des Kindes, so muss er zumindest erklären, für welche Zeiten innerhalb der nächsten zwei Jahre er Elternzeit verlangt, § 16 Abs. 1 S. 2 BEEG. Wird nur für einen Teil der ersten zwei Jahre Elternzeit verlangt, so gilt für die verbleibende Zeit bis zum Ablauf dieser zwei Jahren die Elternzeit als nicht beantragt. Verlangt der Arbeitnehmer Elternzeit für einen längeren Zeitraum, so ist er auch für diesen längeren Zeitraum gebunden.
Die Elternzeit kann auf drei Zeitabschnitte verteilt werden, ohne dass der Arbeitgeber zustimmen muss. Allerdings kann der Arbeitgeber den dritten Zeitabschnitt ablehnen, wenn dieser zwischen dem dritten und achten Geburtstag des Kindes liegt und dringende betriebliche Gründe vorliegen. Eine Verteilung auf weitere Zeitabschnitte ist nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich.
Das Elternzeitverlangen ist als Gestaltungsrecht zwar bedingungsfeindlich, aber der Arbeitnehmer kann sein Elternzeitverlangen davon abhängig machen, dass der Arbeitgeber einer Elternteilzeit zustimmt. Während der Elternzeit können Arbeitnehmer Teilzeit arbeiten – auch bei einem anderen Arbeitgeber (siehe Rdn 348).