Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
Rz. 706
Regelmäßig wird der Anstellungsvertrag mit dem Arbeitnehmer keine ausdrückliche Regelung dahingehend beinhalten, dass auch eine Entsendung ins Ausland vom arbeitsrechtlichen Direktionsrecht des Arbeitgebers mit umfasst ist. Daher sollte die Ergänzungsvereinbarung im Zusammenhang mit der Entsendung nicht nur die Versetzung an den ausländischen Einsatzort, sondern auch die Möglichkeit des Arbeitgebers zum Rückruf des Arbeitnehmers aus dem Ausland aufgenommen werden. Zu beachten ist, dass ein Rückruf des entsandten Arbeitnehmers auf Grundlage eines arbeitsvertraglich vereinbarten Direktionsrechts des Arbeitgebers immer nur nach billigem Ermessen i.S.d. §§ 242, 315 BGB möglich sein wird. Dabei wird man regelmäßig einen Rückruf des Arbeitnehmers nur unter Einhaltung einer gewissen Ankündigungsfrist für zulässig erachten können. Insoweit sind die Dispositionsinteressen des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Es besteht keine allgemeine Pflicht des Arbeitgebers den Arbeitnehmer im Falle einer Krise im Einsatzgebiet zurückzuholen. Jedoch kann sich eine solche aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ergeben. Die Klausel räumt dem Arbeitgeber das ausdrückliche Recht ein, den Arbeitnehmer in solchen Krisensituationen in das Inland zu beordern. In diesem Fall wird der Arbeitnehmer regelmäßig unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges weiterhin einen Vergütungsanspruch haben.
Rz. 707
Zu bedenken ist, dass der vorstehende Ergänzungsvertrag als Formularvertrag der Inhaltskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB unterliegt. Probleme könnten hier insbesondere im Zusammenhang mit § 308 Nr. 4 BGB und § 307 BGB bestehen. In Anbetracht der Rechtsprechung des BAG zur Inhaltskontrolle bei Widerrufsvorbehalten besteht das Risiko, dass die im Mustervertrag enthaltene Klausel als nicht ausreichend transparent angesehen wird, weil nicht festgehalten wird, bei Vorliegen welcher Gründe ein Rückruf des Arbeitnehmers aus dem Ausland zulässig ist. Um dieses Risiko zu begrenzen, könnte man den ersten Satz des § 12 Abs. 1 abweichend formulieren:
Formulierungsbeispiel
Der Arbeitgeber behält sich vor, den Auslandseinsatz in den nachfolgend aufgezählten Fällen vorzeitig zu beenden und den Arbeitnehmer wieder auf Grundlage der bisherigen Vereinbarungen einzusetzen.
Rz. 708
§ 12 Abs. 2 des Mustervertrages sieht die Vereinbarung eines pauschalierten Schadensersatzes in Höhe eines Bruttomonatsgehalts für den Fall vor, dass der Auslandsaufenthalt des Arbeitnehmers aus von diesem zu vertretenden Gründen beendet werden muss. Die Regelung erzielt insbesondere auf erforderlich werdende Rückrufe von Mitarbeitern ab, die sich im Einsatzland arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen zuschulden kommen lassen, die eine Weiterbeschäftigung vor Ort unmöglich machen. Über die Schadensersatzpauschale soll der Arbeitnehmer für die aufgrund seines Verhaltens frustrierten Kosten hinsichtlich der Vorbereitung und Organisation des Auslandsaufenthaltes beteiligt werden. Eine höchstrichterliche Bestätigung der Zulässigkeit derartiger Klauseln, insbesondere vor dem Hintergrund der §§ 305 ff. BGB, liegt bisher nicht vor. Die Festsetzung einer Vertragsstrafe in Höhe einer Monatsvergütung erscheint angemessen. Die Möglichkeit zum Nachweis des nicht entstandenen bzw. im Umfang geringeren Schadens ist aufgrund der Regelung des § 309 Nr. 5 BGB zur Wirksamkeit erforderlich.
Ausgenommen sind Fälle, in denen der Mitarbeiter in Krisenszenarien die Entsendung beenden möchte. Es wird klargestellt, dass diese Rückkehrgründe nicht als vom Arbeitnehmer zu vertreten angesehen werden.
Rz. 709
§ 12 Abs. 3 enthält die sog. "Re-Entry-Klausel". Sie regelt die Fortführung des Arbeitsverhältnisses im Inland nach Beendigung der Entsendung ins Ausland. Nach dem Mustervertrag ist vorgesehen, dass die bisherigen Arbeitsbedingungen nach dem ursprünglichen Arbeitsvertrag wieder gelten sollen. Die Regelung sieht vor, dass der Mitarbeiter keinen Anspruch darauf hat, seinen früheren Arbeitsplatz im Inlandsbetrieb wiederzubesetzen. Klarstellend wird insoweit festgelegt, dass dem Arbeitnehmer i.R.d. arbeitsrechtlichen Weisungsrechtes auch andere Tätigkeiten zugewiesen werden können, soweit diese dem Arbeitnehmer zumutbar sind. Mit der "Re-Entry-Klausel" wird dem Arbeitnehmer die Sicherheit vermittelt, auch nach dem Auslandsaufenthalt eine Perspektive im inländischen Unternehmen zu haben. Zu beachten wird sein, dass bei Vereinbarung einer derartigen "Re-Entry-Klausel" die Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung des entsandten Arbeitnehmers nach Beendigung des Auslandseinsatzes jedenfalls eingeschränkt wird. In praktischer Hinsicht ist unbedingt zu beachten, dass für den Fall, dass im Entsendungsvertrag keine "Re-Entry-Klausel" aufgenommen wird, die dem Mitarbeiter eine vergleichbare Tätigkeit nach Beendigung des Auslandseinsatzes zusichert, dieser kaum zur Übernahme der Auslandstätigkeit zu bewegen sein wird.