Prof. Dr. iur. Uwe Dathe, ... Einhaus
Rz. 544
Bei der Frage, ob der Arbeitgeber zum Widerruf der Nutzung berechtigt ist, muss wiederum zwischen einer rein dienstlichen Überlassung und einer Vereinbarung, die auch die private Nutzung des Dienstwagens vorsieht, unterschieden werden. Ist dem Arbeitnehmer nur die dienstliche Nutzung erlaubt, konnte der Arbeitgeber bereits vor der Schuldrechtsmodernisierung i.d.R. die Überlassung widerrufen, sofern der Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung nicht mehr erbrachte. Wird einem Arbeitnehmer dagegen ein Dienstwagen auch zur privaten Nutzung überlassen, war auch bisher ein einseitiger Widerruf ohne vertragliche Regelung ausgeschlossen. Eine Entziehung der Überlassung erfordert vielmehr eine Änderungskündigung oder eine Änderungsvereinbarung.
Rz. 545
Die Frage, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen ein einseitiges Widerrufsrecht des Arbeitgebers vertraglich gestaltet werden kann, ist Gegenstand lebhafter Auseinandersetzungen. Vor der Schuldrechtsmodernisierung war Prüfungsmaßstab eine mögliche Umgehung des Kündigungsschutzes gem. § 2 KSchG. Eine solche Umgehung wurde angenommen, sofern wesentliche Elemente des Arbeitsvertrages einer einseitigen Änderung unterliegen, durch die das Gleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung grundlegend gestört würde. Keine grundlegende Störung dieses Gleichgewichts hat das Bundesarbeitsgericht in einer entschädigungslosen Widerrufsklausel gesehen, bei der der Anteil der Dienstwagennutzung als Sachbezug 15 % der Gesamtvergütung nicht überschritten hat. Den entschädigungslosen Entzug des Dienstwagens durch Ausübung des Widerrufsvorbehaltes hat die Rechtsprechung auch unter Berücksichtigung des § 315 Abs. 3 BGB für rechtmäßig gehalten. Angesichts der besonderen Sachverhaltsgestaltung, die dieser Entscheidung zugrunde lag, wurde jedoch die Rechtmäßigkeit einer Widerrufsklausel ohne Entschädigung bei überwiegend privater Nutzung auch nachfolgend in Zweifel gezogen.
Rz. 546
Nach dem Gesetz zur Schuldrechtsmodernisierung sind Widerrufsvorbehalte an den §§ 308 Nr. 4, 307 Abs. 1 S. 2 BGB zu messen. Das Bundesarbeitsgericht hat Widerrufsklauseln in Bezug auf übertarifliche Vergütungsbestandteile auch angesichts dieses Prüfungsmaßstabes für wirksam erachtet, sofern der widerrufliche Anteil 25 bis 30 % der Gesamtvergütung nicht übersteigt. Identisches gilt bei der Überlassung von Dienstwagen zur privaten Nutzung, wobei der widerrufliche Anteil 25 % der Gesamtvergütung nicht übersteigen darf. Anders als nach früherer Rechtsprechung wird nunmehr jedoch gefordert, dass die Voraussetzungen eines Widerrufs im Vertrag eindeutig und ausdrücklich benannt werden. Insbesondere die Widerrufsgründe sind so konkret wie möglich im Vertragstext aufzuführen. Dem versucht die vorgeschlagene Klausel Rechnung zu tragen. Ob die einzelnen Widerrufsgründe tragen, ist jedoch noch nicht höchstrichterlich bestätigt worden. Nach neuerer Rechtsprechung ist insbesondere auf eine korrekte Ausübung des billigen Ermessens zu achten. Dabei wird teilweise danach gefragt, ob dem Arbeitnehmer noch ein weiteres Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung steht. Außerdem scheint im Regelfall ein Entzug insbesondere aus steuerlichen Gründen immer nur zum Monatsende möglich zu sein. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die Privatnutzung auch dann für einen gesamten Monat zu versteuern, wenn eine Übergabe bereits früher im Monat erfolgt ist. Der Arbeitgeber muss also gute Gründe aufweisen können, warum das Fahrzeug z.B. im Falle einer Freistellung sofort zurückzugeben ist. Hier käme beispielsweise ein dringender Bedarf für einen anderen Arbeitnehmer in Betracht.
Rz. 547
Inwieweit die Parteien die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung unter einen Freiwilligkeitsvorbehalt stellen können, um auf diesem Wege einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Überlassung gar nicht erst zu begründen, wurde von der Rechtsprechung bisher – soweit ersichtlich – noch nicht ausdrücklich entschieden. Dieses für einmalige Leistungen vom Bundesarbeitsgericht anerkannte Instrument zur Flexibilisierung der Vergütungsstruktur wurde im Hinblick auf laufende Leistungen des Arbeitgebers schon bisher überwiegend kritisch beurteilt. Aufgrund der jüngeren Rechtsprechung des BAG zu Freiwilligkeitsvorbehalten bei laufenden Leistungen, erscheint die Vereinbarung eines Widerrufvorbehaltes vorzugswürdig.