Dr. Marion Bernhardt, Stefan Fischer
Rz. 140
Organstellung und Anstellungsverhältnis (in der Regel Dienstvertrag) sind zwar in vielfacher Hinsicht miteinander verknüpft, aber dennoch grundsätzlich als getrennte Rechtsverhältnisse zu betrachten, die auch gesondert beendet werden müssen (Prinzip der Trennungstheorie, vgl. z.B. § 38 GmbHG).
Rz. 141
In der Praxis kommt insbesondere der außerordentlichen Kündigung von Dienstverhältnissen mit Organmitgliedern erhebliche Bedeutung zu. Dies beruht darauf, dass zahlreiche Dienstverhältnisse mit Organmitgliedern auf mehrere Jahre befristet sind und die ordentliche Kündigung während dieser Zeit regelmäßig ausgeschlossen ist, sog. Koppelungsabreden in der Praxis eher selten anzutreffen sind und vertraglich vereinbarte Kündigungsgründe meist fehlen.
a) Der Widerruf der Bestellung
Rz. 142
Über den Widerruf der Bestellung bzw. die Abberufung eines Geschäftsführers entscheidet grundsätzlich die Gesellschafterversammlung, § 46 Nr. 5 GmbHG. Der Gesellschaftsvertrag kann aber eine andere Zuständigkeitsverteilung vorsehen. Möglich ist zum Beispiel die Übertragung auf einen Beirat oder einen Gesellschafterausschuss. Bei einer nach Maßgabe des Mitbestimmungsgesetzes mitbestimmten GmbH ist der Aufsichtsrat zuständig, § 31 MitbestG. Die Übertragung der Kompetenz auf einen Ausschuss ist dagegen bei der Aktiengesellschaft nicht möglich, § 107 Abs. 3 S. 4 AktG. Auch die Geschäftsführer der GmbH sind für die Bestellung und die Abberufung des Geschäftsführers unzuständig. Bei sog. "Karriere-Geschäftsführern", also solchen, die zum Geschäftsführer berufen werden und der bisherige Arbeitsvertrag einfach weiterläuft, sollte die Abberufung zur Vermeidung von Kündigungsschutz und ggf. Zuständigkeit des Arbeitsgerichts erst erfolgen, wenn die ordentliche Kündigung bereits erklärt und – optimalerweise – die Kündigungsfrist bereits abgelaufen ist.
Rz. 143
Die Bestellung ist in der nicht nach dem MitbestG mitbestimmten GmbH jederzeit und frei widerruflich, das heißt ohne das Erfordernis besonderer Gründe, § 38 Abs. 1 GmbHG. Im Gesellschaftsvertrag kann die Zulässigkeit des Widerrufs allerdings auf den Fall beschränkt werden, dass wichtige Gründe denselben notwendig machen, § 38 Abs. 2 S. 1 GmbHG. Die Abberufung erfolgt grundsätzlich durch Beschluss der Gesellschafter mit einfacher Mehrheit. Bei der Beschlussfassung ist zu berücksichtigen, dass ein betroffener Gesellschafter-Geschäftsführer vom Stimmrecht ausgeschlossen ist, wenn er aus wichtigen Gründen im Sinne des § 38 Abs. 2 S. 1 GmbHG abberufen werden soll. Anwesend darf der Gesellschafter-Geschäftsführer in jedem Fall sein.
Rz. 144
Ist im Dienstvertrag vereinbart worden, dass der Bestand des Dienstvertrags an das Organverhältnis gekoppelt ist (sog. Koppelungsabrede), bewirkt eine Beendigung des Organverhältnisses normalerweise, dass das Dienstverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Mindestkündigungsfrist ebenfalls endet. Die Abberufung des Organmitglieds kann dann zugleich die Wirkung einer ordentlichen Kündigung haben.
Rz. 145
Für den Widerruf der Bestellung des Vorstands ist der Aufsichtsrat zuständig. Der Aufsichtsrat hat als Gremium zu entscheiden. Eine Übertragung auf einen Ausschuss ist nicht zulässig. Die Bestellung des Vorstands kann auch nicht jederzeit frei widerrufen werden. Vielmehr ist ein wichtiger Grund erforderlich, § 84 Abs. 3 S. 1 AktG. Daraus folgt gleichsam, dass weder die Satzung noch der Dienstvertrag Abberufungsgründe verbindlich regeln können.
b) Die außerordentliche Kündigung des Geschäftsführers
Rz. 146
Für die Kündigung des Dienstvertrags eines GmbH-Geschäftsführers ist ebenfalls die Gesellschafterversammlung zuständig, sofern diese Kompetenz nach dem Gesellschaftsvertrag nicht auf einen Beirat übertragen ist. In der nach dem MitbestG mitbestimmten GmbH liegt die Zuständigkeit beim Aufsichtsrat. Das Fehlen eines Beschlusses oder die Rechtsfehlerhaftigkeit des Beschlusses führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. Eine nachträgliche Genehmigung heilt die Unwirksamkeit nicht. Der Ausspruch der Kündigung kann einem Dritten übertragen werden, beispielsweise dem Aufsichtsratsvorsitzenden, einem Personalausschuss, einem anderen Geschäftsführer oder einem Rechtsanwalt.
Rz. 147
Die Kündigung eines Dienstvertrags bedarf im Gegensatz zum Arbeitsvertrag keiner Schriftform. Dennoch sollte sie schon zu Beweiszwecken schriftlich erfolgen. In der Praxis wird häufig der Aufsichtsratsvorsitzende durch Beschluss beauftragt, die Kündigung auszusprechen. Dem Kündigungsschreiben sollte in diesem Fall vorsorglich eine Kündigungsvollmacht des Aufsichtsrats im Original oder ein entsprechender Aufsichtsratsbeschluss beigelegt werden. Anderes gilt allerdings, wenn die Bevollmä...