Dr. Marion Bernhardt, Stefan Fischer
a) Steuerfreibeträge gem. § 3 Nr. 9 EStG a.F.
Rz. 444
Zahlungen aufgrund von Aufhebungsverträgen sind zu versteuern. Dies gilt insbesondere für Abfindungen. Die Versteuerung der Abfindung erfolgt zu dem Zeitpunkt ihrer Auszahlung an den Arbeitnehmer (sog. Zuflussprinzip). Durch die Optimierung des Auszahlungszeitpunktes im Aufhebungsvertrag (z.B. zu Beginn des auf die Beendigung des Anstellungsverhältnisses folgenden Kalenderjahres) können daher u.U. Steuervorteile erzielt werden. Arbeitgeber und Arbeitnehmer können den Zeitpunkt des Zuflusses der Abfindung sogar in der Weise steuerwirksam gestalten, dass sie deren ursprünglich vorgesehene Fälligkeit vor ihrem Eintritt auf einen späteren oder früheren Zeitpunkt verschieben.
Nach § 3 Nr. 9 EStG a.F. waren Abfindungen je nach Alter und Betriebszugehörigkeit bis zur Höhe von 7.200 EUR bzw. 9.000 EUR bzw. 11.000 EUR steuerfrei, wenn die Auflösung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber veranlasst oder gerichtlich ausgesprochen wurde. § 3 Nr. 9 EStG a.F. ist mit Wirkung zum 31.12.2005 aufgehoben worden; die Steuerfreibeträge sind entfallen.
Rz. 445
Sofern mit Blick auf den Wortlaut von § 3 Nr. 9 EStG a.F. empfohlen wurde, in Aufhebungsverträgen den Zusatz "auf arbeitgeberseitige Veranlassung" zu verwenden, insbesondere im Zusammenhang mit einer sog. "Turboklausel" (vgl. Rdn 408), dürfte dies auch nach Wegfall des § 3 Nr. 9 EStG noch gelten. Denn auch im Hinblick auf das Arbeitsförderungsrecht sowie für das Sozialversicherungsrecht und die Entschädigungsleistung gem. § 24 Nr. 1 EStG kann es von Bedeutung sein, dass der Wille zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vom Arbeitnehmer, sondern vom Arbeitgeber ausgegangen ist.
b) Steuerprivilegierung gem. §§ 24, 34 EStG
Rz. 446
Weiterhin bestehen geblieben ist die Steuerprivilegierung gem. §§ 24, 34 EStG. Nach § 34 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer für bestimmte außerordentliche Einkünfte, welche in § 34 Abs. 2 EStG aufgezählt sind, nach einem ermäßigten Steuersatz bemessen. Diese außerordentlichen Einkünfte sind dadurch gekennzeichnet, dass sie zusammengeballt in einem Kalenderjahr zufließen. Aufgrund der Anknüpfung der Besteuerung an den Zufluss der Einnahmen (sog. Zuflussprinzip) würden sie ohne die Sondervorschrift des § 34 EStG zusammen mit den laufenden Einkünften wegen des progressiv gestalteten Einkommensteuertarifs mit einem höheren Steuersatz belegt, als dies bei einem über mehrere Jahre verteilten Zufluss der Fall wäre. Um dies zu vermeiden, werden die außerordentlichen Einkünfte rechnerisch aus dem zu versteuernden Einkommen herausgenommen und ermäßigt besteuert (sog. Fünftelungsregelung).
aa) Außerordentliche Einkünfte
Rz. 447
Als außerordentliche Einkünfte kommen nach § 34 Abs. 2 EStG u.a. Entschädigungen i.S.v. § 24 Nr. 1 EStG in Betracht. Hierzu können auch Zahlungen anlässlich der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses zählen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn sie entweder als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen (§ 24 Nr. 1a EStG) oder für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit (§ 24 Nr. 1b EStG) gewährt werden. Der Unterschied zwischen diesen beiden Tatbeständen besteht darin, dass in der ersten Fallgruppe die Aufgabe oder Nichtausübung der Tätigkeit auf rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck des Arbeitgebers erfolgen und daher auf einer neuen Rechts- oder Billigkeitsgrundlage beruhen muss; demgegenüber kann dies in der zweiten Fallgestaltung auch dem Willen des Arbeitnehmers entsprechen. In beiden Fällen ist jedoch erforderlich, dass das zugrunde liegende Rechtsverhältnis beendet wird. Ersatz für entgangene Einnahmen im Sinne von § 24 Nr. 1a EStG können z.B. Abfindungen sein, sofern der Arbeitgeber die Beendigung des Arbeitsverhältnisses veranlasst hat. Daneben kommt hier die Kapitalisierung von Versorgungsansprüchen aus der betrieblichen Altersversorgung in Betracht, wenn sie auf Veranlassung des Arbeitgebers vereinbart wird und die Leistung auf dieser neuen Rechtsgrundlage beruht. Als Entschädigung für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit gemäß § 24 Nr. 1b EStG kommen ebenfalls eine Abfindung in Betracht, sofern sie für eine vom Willen des Arbeitnehmers getragene Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt wird, sowie etwa eine Karenzentschädigung bei Vorliegen eines Wettbewerbsverbots.
bb) Zusammenballung
Rz. 448
Entschädigungen nach § 24 Nr. 1a und b EStG sind nur steuerbegünstigt, sofern es sich hierbei um außerordentliche Einkünfte handelt. Hierfür muss eine Zusammenballung v...