Dr. Marion Bernhardt, Stefan Fischer
Rz. 146
Für die Kündigung des Dienstvertrags eines GmbH-Geschäftsführers ist ebenfalls die Gesellschafterversammlung zuständig, sofern diese Kompetenz nach dem Gesellschaftsvertrag nicht auf einen Beirat übertragen ist. In der nach dem MitbestG mitbestimmten GmbH liegt die Zuständigkeit beim Aufsichtsrat. Das Fehlen eines Beschlusses oder die Rechtsfehlerhaftigkeit des Beschlusses führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. Eine nachträgliche Genehmigung heilt die Unwirksamkeit nicht. Der Ausspruch der Kündigung kann einem Dritten übertragen werden, beispielsweise dem Aufsichtsratsvorsitzenden, einem Personalausschuss, einem anderen Geschäftsführer oder einem Rechtsanwalt.
Rz. 147
Die Kündigung eines Dienstvertrags bedarf im Gegensatz zum Arbeitsvertrag keiner Schriftform. Dennoch sollte sie schon zu Beweiszwecken schriftlich erfolgen. In der Praxis wird häufig der Aufsichtsratsvorsitzende durch Beschluss beauftragt, die Kündigung auszusprechen. Dem Kündigungsschreiben sollte in diesem Fall vorsorglich eine Kündigungsvollmacht des Aufsichtsrats im Original oder ein entsprechender Aufsichtsratsbeschluss beigelegt werden. Anderes gilt allerdings, wenn die Bevollmächtigung des Aufsichtsratsvorsitzenden schon in der dem Geschäftsführer regelmäßig bekannten Satzung geregelt ist.
Rz. 148
Die außerordentliche Kündigung setzt einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB voraus. Verschulden des Organmitglieds ist keine zwingende Voraussetzung. Im Rahmen der anschließenden umfassenden Gesamtabwägung sind auch die Auswirkungen zu berücksichtigen, die die fristlose Kündigung auf das Organmitglied hat. Zudem ist von Bedeutung, ob eine zumutbare Möglichkeit der Weiterbeschäftigung außerhalb der Erfüllung der Pflichten als Organ der Gesellschaft besteht. Je kürzer die Frist bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin ist, umso eher ist der Gesellschaft zumutbar, das Dienstverhältnis bis zu diesem Zeitpunkt fortzusetzen. Als wichtige Gründe sind in der Praxis vor allem Spesenbetrug, Verstöße gegen ein Wettbewerbsverbot, Schädigung des Gesellschaftsvermögens zum eigenen Vorteil oder unberechtigte Amtsniederlegung anzutreffen. Möglich ist auch eine Verdachtskündigung bei dringendem Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung, wenn dem Organmitglied Gelegenheit gegeben wurde, die Verdachtsgründe zu beseitigen bzw. zu entkräften.
Rz. 149
Anders als bei Arbeitsverhältnissen ist die vertragliche Vereinbarung von Gründen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen sollen, grundsätzlich möglich. In diesem Fall ist bei Vorliegen eines entsprechenden Sachverhalts keine weitere Interessenabwägung mehr erforderlich. Entsprechen die im Vertrag festgelegten Tatbestände jedoch nicht den gesetzlichen Anforderungen des wichtigen Grundes nach § 626 Abs. 1 BGB, ist die Kündigung nur unter Wahrung der Mindestfrist des § 622 Abs. 1 BGB möglich.
Rz. 150
Umstritten war, ob vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung eine Abmahnung erforderlich ist. Mit Einführung des § 314 Abs. 2 BGB am 1.1.2002 war dies fraglich geworden (vgl. § 314 Abs. 2 BGB, wonach die Kündigung von Dauerschuldverhältnissen erst nach erfolgloser Abmahnung zulässig ist). Seitdem wurde in der Rechtsprechung teilweise davon ausgegangen, dass eine Abmahnung zumindest bei leichteren Pflichtverletzungen erforderlich sein könne. Der BGH hat insoweit allerdings mittlerweile für Klarheit gesorgt: Wegen der von einem Organmitglied wahrzunehmenden Arbeitgeberfunktion bedürfe es einer Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung nicht.
Rz. 151
Für den Beginn der Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB kommt es auf die Kenntnis des kündigungsberechtigten Organs der Gesellschaft an. Von einer solchen Kenntnis kann grundsätzlich ausgegangen werden, wenn die Gesellschafter in einer ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlung über den Kündigungssachverhalt unterrichtet werden. Hiervon ist auch dann auszugehen, wenn einzelne Gesellschafter nicht zur Gesellschafterversammlung erschienen sind, aber ordnungsgemäß geladen waren. Sofern ein Aufsichtsrat oder Beirat für die Beendigung des Dienstverhältnisses zuständig ist, beginnt die Zwei-Wochen-Frist mit dem Zeitpunkt, zu welchem den Mitgliedern dieses Organs in einer ordnungsgemäß einberufenen Sitzung der Kündigungssachverhalt vorgetragen wird. Wird hingegen die Einberufung der Gesellschafterversammlung nach Kenntniserlangung vom Sachverhalt unangemessen verzögert, muss sich die Gesellschaft so behandeln lassen, als wäre die Gesellschafterversammlung mit der billigerweise zumutbaren Beschleunigung einberufen worden.
Rz. 152
Unter Umständen muss sich das maßgebliche Organ die Kenntnis anderer, nicht kündigungsberechtigter Personen oder Organe zurechnen lassen. Das BAG stellt darauf ab, ob die Stellung des Dritten im Betrieb "nach den Umständen erwarten lässt, er werde den Kündigungsberechtigten von dem Kündigungssachverhalt unterrichten". Gl...