Dr. Marion Bernhardt, Stefan Fischer
aa) Umfang arbeitgeberseitiger Aufklärungs- und Hinweispflichten
Rz. 328
Grundsätzlich muss sich jeder Arbeitnehmer vor dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages selbst über die rechtlichen Folgen eines solchen Schrittes Klarheit verschaffen. Dies gilt insbesondere, wenn die Initiative zur Aufhebung des Arbeitsvertrages von ihm selber ausging. Jeder Vertragspartner hat selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen zu sorgen. Der Arbeitgeber ist in aller Regel nicht gehalten, von sich aus auf schädliche Folgen von Aufhebungsverträgen hinzuweisen.
Rz. 329
Bei Hinzutreten besonderer Umstände kann jedoch ausnahmsweise eine Aufklärungspflicht des Arbeitgebers bestehen. Diese Aufklärungspflicht resultiert aus § 242 BGB und ist eine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis. Hierbei hat eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Arbeitnehmers und der Beratungsmöglichkeit des Arbeitgebers zu erfolgen. Insofern kommt es u.a. darauf an, von wem die Initiative zum Abschluss der Aufhebungsvereinbarung ausgegangen ist und ob der Arbeitgeber Kenntnis davon hat, dass dem Arbeitnehmer wesentliche Vermögenseinbußen drohen (z.B. Sperrzeit in Bezug auf Arbeitslosengeld, Nachteile in Bezug auf Rente oder Zusatzversorgung oder drohende Insolvenz des Arbeitgebers). Eine Aufklärung über eine eventuell drohende Sperrfrist nach § 159 SGB III ist erforderlich, wenn der Arbeitgeber den Abschluss der Aufhebungsvereinbarung veranlasst hat oder erkennt, dass der Arbeitnehmer sich über die Folgen und die Tragweite seines Handelns im Unklaren ist. Erhöhte Hinweis- und Aufklärungspflichten bestehen, wenn der Arbeitgeber den Eindruck erweckt, er werde (z.B. bei Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages mit einem Tochterunternehmen) auch die Interessen des Arbeitnehmers wahrnehmen.
Rz. 330
Die Schutz- und Fürsorgepflichten dürfen aber nicht überspannt werden. Sollte dem Arbeitgeber zwar ein Hinweis, nicht aber eine inhaltliche Belehrung möglich sein, ist diese auch nicht erforderlich. Vielmehr kann dann wiederum vom Arbeitnehmer verlangt werden, dass er sich aufgrund des arbeitgeberseitigen Hinweises selbst die notwendigen Informationen verschafft. Ebenso bestehen keine Aufklärungs- und Hinweispflichten, wenn der Arbeitnehmer anwaltlich beraten ist, er bereits über Folgen der Auflösung belehrt ist oder auf eine solche Belehrung ausdrücklich verzichtet. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber grds. nicht verpflichtet, den Arbeitnehmer von sich aus darüber aufzuklären, dass weitere Entlassungen beabsichtigt sind, die u.U. zu einer sozialplanpflichtigen Betriebsänderung führen könnten.
Rz. 331
Nach § 2 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III soll der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seine unverzügliche Meldepflicht nach § 38 SGB III informieren; da die Vorschrift aber kein Schutzgesetz zugunsten des Arbeitnehmers darstellt, begründet ein Verstoß keinen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber (siehe Rdn 470).
bb) Rechtsfolgen fehlerhafter oder unterlassener Aufklärung
Rz. 332
Unterlassene, unzutreffende und nur scheinbar vollständige oder sonst irreführende Auskünfte führen nicht zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages. Vielmehr ist der Arbeitgeber bei Verletzung seiner Hinweis- und Auskunftspflichten zu Schadensersatz nach § 280 BGB verpflichtet. In der Praxis hat sich deshalb die Aufnahme eines Hinweises in den Aufhebungsvertrag eingebürgert, wonach der Arbeitnehmer selbst verpflichtet ist, bei Sozialversicherungsträgern, Finanzamt und anderen geeigneten Auskunftsstellen Informationen über die sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Folgen eines Aufhebungsvertrages einzuholen. Allerdings reichen ein solcher allgemeiner Hinweis und die bloße Verweisung an eine zur Information berufene Stelle unter Einräumung einer Bedenkzeit u.U. nicht aus, wenn dem Arbeitnehmer ein schwerwiegender Vermögensnachteil droht. Ein Schadensersatzanspruch setzt voraus, dass sich der Arbeitnehmer bei richtiger Auskunft anders entschieden hätte. Dies ist bei Sachverhalten anzunehmen, in denen für den Arbeitnehmer Handlungsalternativen in Betracht kommen und die vom Arbeitgeber zumindest mitveranlasste Entscheidung für den Arbeitnehmer nachteilig war. Aus Treu und Glauben kann sich bei besonderen Erklärungen des Arbeitgebers vor Abschluss des Au...