Rz. 210

Auch im Schiedsverfahren kann es sich als erforderlich erweisen, Beweise zu erheben. Dass diese Möglichkeit besteht, ist bereits in § 1042 Abs. 4 Satz 2 ZPO geregelt, wonach das Schiedsgericht berechtigt ist, über die Zulässigkeit einer Beweiserhebung zu entscheiden, diese durchzuführen und das Ergebnis frei zu würdigen. Der § 1049 ZPO befasst sich dagegen allein mit dem Sachverständigenbeweis.

 

Rz. 211

Generell ist das Schiedsgericht frei, ob und wie es eine Beweisaufnahme anordnet. Anderes gilt nur dann, wenn die Parteien in der Schiedsordnung etwas anderes vereinbart haben. Ansonsten ist das Schiedsgericht weder an die Regeln über die Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme noch an die in der ZPO aufgeführten Beweismittel gebunden. Es kann vielmehr im Wege des Freibeweises alle ihm relevant erscheinenden Informationsquellen heranziehen und würdigen.

 

Rz. 212

Das Schiedsgericht kann deshalb Zeugen vernehmen, den Augenschein einnehmen, sich Urkunden vorlegen lassen oder auch ein Sachverständigengutachten einholen. Anders als das staatliche Gericht kann es sich jedoch auch mit schriftlichen Zeugenaussagen begnügen oder von den Parteien vorgelegte (Partei-) Sachverständigengutachten genug sein lassen. Es bedarf nicht einmal eines formellen Beweisantritts durch die Parteien.

 

Rz. 213

Das Schiedsgericht hat allerdings keine Möglichkeit, gegen einen nicht zum Termin erschienenen Zeugen ein Ordnungsgeld zu verhängen. Es kann auch weder die Zeugen noch die Sachverständigen vereidigen. Denn beide können sich durch falsche Aussagen vor einem Schiedsgericht weder wegen falscher uneidlicher Aussage (§ 153 StGB), noch wegen Meineides (§ 154 StGB) strafbar machen. Da eine Verpflichtung zur Aussage gegenüber dem Schiedsgericht generell nicht besteht, erscheint auch eine Belehrung im Hinblick auf Aussageverweigerungsrechte nicht notwendig.

 

Rz. 214

Nach § 1049 ZPO kann das Schiedsgericht einen oder mehrere Sachverständige zur Erstattung eines Gutachtens über bestimmte vom Schiedsgericht festzulegende Fragen bestellen. Voraussetzung ist nur, dass die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben. Auch die Auswahl des Sachverständigen obliegt dem Schiedsgericht – wiederum vorbehaltlich einer anderweitigen Vereinbarung. Es wird dabei die persönliche und fachliche Eignung des Sachverständigen berücksichtigen und prüfen, ob zwischen dem in Aussicht genommenen Sachverständigen und den Parteien besondere Beziehungen bestehen, die seine Unparteilichkeit beeinträchtigen könnten. Auch dann, wenn es an einer Vereinbarung der Parteien hierüber fehlt, sollte die Auswahl des Sachverständigen in Absprache mit den Parteien erfolgen, schon allein deshalb, um mögliche Angriffspunkte gegen das spätere Gutachten nicht erst entstehen zu lassen.

 

Rz. 215

Die Tätigkeit des Sachverständigen erfolgt auf der Basis eines privatrechtlichen Vertrages, der zwischen dem Schiedsgericht, das nicht im eigenen Namen, sondern dem der Parteien handelt, einerseits und dem Sachverständigen andererseits geschlossen wird. Eine Verpflichtung zur Tätigkeit wie gegenüber dem staatlichen Gericht besteht nicht. Da der Vertrag mit dem Sachverständigen in der Regel ein Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB ist, erfolgt die Bezahlung des Sachverständigen auch nicht nach dem JVEG, sondern nach den Regeln des Werkvertragsrechts. Im Zweifel ist der angemessene Werklohn geschuldet (§ 632 Abs. 1 BGB). Die Gebührensätze sollten aber in jedem Fall vorher besprochen werden und möglichst Gegenstand einer Einigung sein.

 

Rz. 216

Hinsichtlich der Haftung des Sachverständigen gibt es für die vom staatlichen Gericht bestellten mit § 839a BGB eine spezielle Norm, nach der der Sachverständige nur dann haftet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig ein unrichtiges Gutachten erstattet. Er ist in dem Fall zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der einem Verfahrensbeteiligten durch eine gerichtliche Entscheidung entsteht, die auf diesem Gutachten beruht. Nach einer älteren Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1964[98] haftet der vom Schiedsgericht beauftragte Sachverständige nach denselben Grundsätzen wie der vom staatlichen Gericht herangezogene. Der BGH führt dazu aus, die Rechte, die den Parteien bei einem unrichtigen Sachverständigengutachten zuständen, habe das Gesetz an anderer Stelle geregelt, indem es ihnen die Möglichkeit der Ablehnung oder auch des Aufhebungsantrages nach § 1059 ZPO gegeben hat. Im Übrigen habe das Fehlen von Schadensersatzansprüchen bei einer nur fahrlässig falschen Begutachtung auch seinen Sinn, da andernfalls eine große Zahl von Prozessen geführt werden könnte, mit denen versucht würde, den Schiedsspruch auf andere als die im Gesetz vorgesehene Weise unwirksam werden zu lassen. Dass das vom Gesetz gewollt gewesen sei, könne nicht unterstellt werden.

Zwar hat sich die Rechtslage sowohl hinsichtlich des schiedsrichterlichen Verfahrens als auch hinsichtlich der Haftung des gerichtlichen Sachverständigen mittlerweile geändert. Die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO sind zum 1.1....

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