Rz. 416
Nr. 1c) bestimmt einen Aufhebungsgrund für den Fall, dass das Schiedsgericht trotz fehlender Zuständigkeit entscheidet. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn der durch das Schiedsgericht entschiedene Streitgegenstand nicht von der Schiedsvereinbarung umfasst war, oder wenn die Entscheidung die dem Schiedsgericht durch die Schiedsvereinbarung gesetzten Grenzen überschreitet.
Rz. 417
Beispiel
Die Eheleute M und F leben voneinander getrennt. Sie schließen eine Schiedsvereinbarung, mit der sie sich wegen des Unterhaltsanspruchs der F für die Dauer ihres Getrenntlebens dem Spruch eines Familienschiedsgerichts unterwerfen. Dieses entscheidet mit dem Trennungsunterhalt auch noch über den Unterhaltsanspruch für die Zeit nach Rechtskraft der Ehescheidung.
Rz. 418
Ob der durch das Schiedsgericht entschiedene Teil des Streitgegenstandes von der Schiedsvereinbarung erfasst ist, ist gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln. Dabei soll die Auslegung nach den allgemeinen Grundsätzen erfolgen, so dass der bei Abschluss der Schiedsvereinbarung erkennbar gewordene Parteiwille ebenso maßgeblich ist wie das spätere tatsächliche Verhalten der Parteien. Weil die umfassende Beilegung des Streites der Parteien regelmäßig in deren Interesse liegt, ist im Zweifel die Schiedsvereinbarung eher großzügig auszulegen und deshalb von einer größeren Reichweite auszugehen.
Rz. 419
Beispiel
Die Eheleute M und F leben voneinander getrennt. Sie schließen wiederum eine Schiedsvereinbarung, bestimmen darin aber nur, dass sie den Unterhaltsanspruch der F durch das Familienschiedsgericht entschieden haben möchten.
Hier wird nicht klar, ob nur der Trennungsunterhalt oder auch derjenige für die Zeit ab Rechtskraft der Ehescheidung gemeint ist. Nach den oben genannten Regeln ist im Zweifel davon auszugehen, dass die Parteien eine umfassende Regelung ihrer unterhaltsrechtlichen Problematik wünschen.
Rz. 420
War das Schiedsgericht für den entschiedenen Streit nur teilweise unzuständig, kann also festgestellt werden, dass die Eheleute ausdrücklich nur einen Schiedsspruch zu dem Trennungsunterhalt gewollt haben, kann im Aufhebungsverfahren differenziert werden:
Hinweis
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Kann der Teil des schiedsgerichtlichen Verfahrens, der sich auf Streitpunkte bezieht, für die eine Schiedsabrede bestand, von dem anderen getrennt werden, so kann das zuständige staatliche Gericht nur den Teil des Schiedsspruchs aufheben, der der Schiedsvereinbarung nicht unterworfen war. |
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Kann eine solche Differenzierung nicht vorgenommen werden, ist der Schiedsspruch insgesamt aufzuheben. |
Rz. 421
Eine Teilaufhebung kann im oben genannten Beispielsfall problemlos erfolgen, wenn nur der Trennungsunterhalt von der Schiedsvereinbarung erfasst war, nicht aber auch der nacheheliche. Ähnliches gilt etwa in dem Fall, in dem die Parteien sich wegen des Zugewinnausgleichs dem Spruch eines Schiedsgerichts unterworfen haben, dieses aber auch über den widerklagend geltend gemachten Anspruch auf Ausgleich von Gesamtschulden entscheidet. Da Elementar- und Altersvorsorgeunterhalt voneinander abhängig sind, wäre dagegen eine schiedsgerichtliche Entscheidung über beide Bestandteile des Unterhaltsanspruchs dann unzulässig, wenn von der Schiedsvereinbarung nur der Elementarunterhaltsanspruch erfasst wäre. Danach wäre dieser Schiedsspruch insgesamt aufzuheben.