Rz. 388
Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, gibt es im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit keinen Instanzenzug. Das heißt, dass der Schiedsspruch etwa eines Familienschiedsgerichts nicht anfechtbar ist.
Rz. 389
Gleichwohl gibt es Möglichkeiten der Überprüfung. Dafür gibt § 1059 ZPO die Möglichkeit, unter bestimmten und im Gesetz abschließend genannten Voraussetzungen den Schiedsspruch durch eine Entscheidung eines staatlichen Gerichts aufheben zu lassen. Dabei stellen insbesondere schwerwiegende Verfahrensmängel einen Grund dar, der zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen kann. Eine sachliche Überprüfung des Schiedsspruchs – etwa wie im Berufungsverfahren – findet dagegen nicht statt.
Rz. 390
Die in § 1059 Abs. 2 und 3 ZPO genannten Aufhebungsgründe sind abschließend. Weitere Aufhebungsgründe gibt es nicht.[152] Andererseits ist – abgesehen vom Fall des Abs. 2 Nr. 1d) bei unterbliebener Begründung des Schiedsspruchs – ein Verzicht auf einen Aufhebungsantrag unwirksam.[153]
Rz. 391
Ein Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO kommt nur dann in Betracht, wenn
▪ | ein echter Schiedsspruch vorliegt und |
▪ | dieser von einem Schiedsgericht stammt, das seinen Sitz in Deutschland hat. |
Rz. 392
Die zweitgenannte Voraussetzung folgt aus § 1025 Abs. 1 ZPO, nach dem die Vorschriften des 10. Buches der ZPO und damit insbesondere auch § 1059 ZPO nur anwendbar sind, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens im Sinne des § 1043 Abs. 1 ZPO in Deutschland liegt.
Rz. 393
Dass ein echter Schiedsspruch vorliegen muss, folgt unmittelbar aus § 1059 Abs. 1 ZPO. Das ist bei Familienschiedsgerichten ohne weiteres der Fall, scheidet aber etwa bei der Verbands- oder Vereinsschiedsgerichtsbarkeit aus, die nicht auf der Basis einer Schiedsvereinbarung im Sinne von § 1029 ZPO tätig sind. Derartige Sprüche unterliegen nicht der Kontrolle durch staatliche Gerichte über § 1059 ZPO. Sie sind allenfalls nach §§ 253 ff. ZPO durch ein normales Klageverfahren überprüfbar.[154]
I. Die Aufhebungsgründe
Rz. 394
Hinsichtlich der Aufhebungsgründe ist zwischen denjenigen nach Abs. 2 Nr. 1 und denen nach Abs. 2 Nr. 2 zu unterscheiden. Während nämlich die Aufhebungsgründe nach Abs. 2 Nr. 1 nur auf Rüge einer Partei berücksichtigt werden können, sind diejenigen nach Abs. 2 Nr. 2 vom staatlichen Gericht von Amts wegen zu prüfen.
Rz. 395
In Abs. 2 Nr. 2 sind dabei nur zwei von Amts wegen zu prüfende Aufhebungsgründe genannte:
▪ | die mangelnde Schiedsfähigkeit |
▪ | der Verstoß gegen den ordre public. |
1. Unwirksame Schiedsvereinbarung (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1a ZPO)
Rz. 396
Ein Fall einer unwirksamen Schiedsvereinbarung kann sowohl aus subjektiver wie aus objektiver Sicht vorliegen.
a) Subjektive Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung
Rz. 397
In subjektiver Sicht liegt eine unwirksame Schiedsvereinbarung beispielsweise dann vor, wenn eine der Parteien bei Abschluss der Schiedsvereinbarung geschäftsunfähig war.
Rz. 398
Beispiel
Vater V und der 15-jährige Sohn S vereinbaren in Form einer Schiedsvereinbarung, dass ein Familienschiedsgericht über den Unterhaltsanspruch des S entscheiden soll.
Rz. 399
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Eltern über den Kindesunterhalt durch ein Familienschiedsgericht entscheiden lassen wollen. Dabei sind die Regelungen des § 1629 Abs. 3 BGB im Auge zu behalten.
Hinweis
▪ | Leben die verheirateten Eltern getrennt, oder ist eine Ehesache zwischen ihnen anhängig, so kann der das Kind betreuende Elternteil den Kindesunterhalt nur im eigenen Namen in gesetzlicher Verfahrensstandschaft geltend machen. |
▪ | Im Übrigen wird das Kind im Unterhaltsverfahren gegen den nicht betreuenden Elternteil durch denjenigen vertreten, in dessen Obhut sich das Kind befindet. |
Rz. 400
Daraus kann gefolgert werden, dass eine Schiedsvereinbarung durch den betreuenden Elternteil als Vertreter des Kindes, bei Bestehen einer Ehe und bestehender Trennung oder Anhängigkeit einer Ehesache nur durch den Elternteil selbst geschlossen werden kann.
Rz. 401
Beispiel
Ehemann M und Ehefrau F sind verheiratet, leben aber getrennt voneinander. Das gemeinsame Kind K lebt bei der Mutter. Beide Eltern möchten, dass ein Familienschiedsgericht auch über den Unterhaltsanspruch des Kindes entscheidet. Sie treffen deshalb im eigenen Namen eine Schiedsvereinbarung.
Rz. 402
Diese wäre wirksam, weil die das Kind betreuende Mutter bei der Geltendmachung des Kindesunterhaltsanspruchs nur im eigenen Namen handeln kann (§ 1629 Abs. 3 S. 1 BGB). Da das Gesetz in § 1629 BGB auch nur von der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen des Kindes spricht, ist kein Grund ersichtlich, die Verfahrensstandschaft auf die Geltendmachung bei staatlichen Gerichten zu beschränken. Zur Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs im Schiedsverfahren gehört aber auch der Abschluss der Schiedsvereinbarung.
Rz. 403
Beispiel
Ehemann M und Ehefrau F sind nicht verheiratet, haben aber ein gemeinsames Kind K, das bei der Mutter lebt. Beide Eltern möchten, dass ein Familienschiedsgericht über den Unterhaltsanspruch des Kindes entscheidet. Sie treffen deshalb wiederum im eigenen Namen eine Schiedsvereinb...
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