Rz. 42

Die Wirkung der Schiedsvereinbarung ist in § 1032 ZPO umschrieben. Diese Norm gibt dem Beklagten oder Antragsgegner in einem gerichtlichen Verfahren die Möglichkeit, in diesem Verfahren die Einrede der Schiedsvereinbarung zu erheben und damit das staatliche Verfahren als unzulässig beenden zu lassen. § 1032 ZPO sichert die Ausschließlichkeitswirkung des Schiedsverfahrens gegenüber dem staatlichen Verfahren. Das heißt, dass das staatliche Gericht die erhobene Klage – im Familienverfahren den gestellten Antrag – als unzulässig abzuweisen hat.

 

Rz. 43

Die Einrede des Schiedsvertrages ist eine Rüge, die die Zulässigkeit der Klage betrifft, also eine solche im Sinne des § 282 Abs. 3 ZPO. Das heißt, dass sie nicht von Amts wegen zu berücksichtigen ist, sondern die wohl wichtigste verzichtbare Zulässigkeitsrüge darstellt.[23] Während allerdings Zulässigkeitsrügen im Allgemeinen nach §§ 276 Abs. 1 S 2, 282 Abs. 3 S 2, 296 Abs. 3 ZPO innerhalb der Klageerwiderungsfrist erhoben werden müssen, stellt § 1032 Abs. 1 ZPO eine Sonderregelung für die Schiedsabrede dar. Danach muss die Zulässigkeit der Klage vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache erhoben werden. Diese beginnt aber erst mit der Antragstellung, weshalb die Partei mit der Zulässigkeitsrüge bis zur Antragstellung in der mündlichen Verhandlung warten kann.[24] Dass das Bestehen einer Schiedsvereinbarung nicht von Amts wegen berücksichtigt wird, ist Folge der Parteiautonomie, die wiederum Basis der Schiedsvereinbarung ist. Ebenso wie die Beteiligten befugt sind, für sich den Weg der Schiedsgerichtsbarkeit zu wählen, sind sie auch berechtigt, ihn nicht zu gehen.

 

Rz. 44

Die Einrede kann unabhängig davon erhoben werden, ob ein Schiedsverfahren bereits in Gang gebracht wurde.[25] Wird sie unterlassen, so berührt dies die Zulässigkeit des staatlichen Gerichtsverfahrens nicht. Auch dann, wenn Klage vor dem Schiedsgericht bereits erhoben worden war, wird dieser Umstand nicht von Amts wegen im gerichtlichen Verfahren berücksichtigt.[26]

 

Hinweis

Es gibt also keine der Rechtshängigkeit entsprechende "Schiedshängigkeit".[27]

 

Rz. 45

Die Erhebung der Einrede ist eine Prozesshandlung, so dass die dafür üblichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen. In Verfahren vor den Landgerichten oder in Familiensachen, also dort wo Anwaltszwang besteht, kann die Einrede somit wirksam nur über einen Prozessvertreter erfolgen. Sie bedarf im Übrigen keiner besonderen Form. Notwendig ist allein, dass hinreichend deutlich wird, dass die Partei den Rechtsstreit nicht von dem angerufenen staatlichen Gericht, sondern dem vereinbarten Schiedsgericht entschieden haben möchte.[28]

 

Rz. 46

Auch § 1032 ZPO steht aber unter Umständen unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben (§ 242 BGB). So hat der BGH im Jahre 2009 entschieden, dass eine Partei, die sich in dem Verfahren vor dem staatlichen Gericht darauf berufen hat, dass nicht das staatliche, sondern das Schiedsgericht zuständig sei, nach Treue und Glauben daran gehindert ist, in dem späteren Schiedsgerichtsverfahren geltend zu machen, es sei nun doch die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts gegeben. Dem Gegner ist es nämlich nicht zumutbar, sich durch ein solches widersprüchliches Verhalten von einem Rechtsweg in den anderen verweisen zu lassen.[29] Auch dürfte derjenige treuwidrig handeln, der in einem vorprozessualen Schriftsatz oder in einem bereits laufenden Schiedsverfahren die Zuständigkeit des staatlichen Gerichts behauptet hatte, sich im darauf anhängig gemachten gerichtlichen Verfahren dann aber auf die Schiedsklausel beruft.[30] Nicht treuwidrig handelt dagegen derjenige, der der Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens zur Feststellung von Mängeln zugestimmt hat, dann aber im nachfolgenden Hauptsacheverfahren vor dem staatlichen Gericht die Schiedsgerichtseinrede erhebt.[31]

 

Rz. 47

 

Beispiel

M hat vor dem Familiengericht in einer sonstigen Familiensache im Sinne § 266 FamFG beantragt, die F zu verpflichten, Schadensersatz wegen der ungerechtfertigten Verweigerung der Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung zu leisten. Beide hatten zuvor in notarieller Form einen Ehescheidungsfolgenvergleich geschlossen, mit dem sie auch für diese Fallgestaltung die Zuständigkeit des Schiedsgerichts vereinbart hatten. Das Familiengericht bestimmt Termin zur mündlichen Verhandlung, in dem der M nicht erscheint. Die F erhebt nicht die Rüge der Schiedsvereinbarung, sondern stellt Antrag auf Versäumnisentscheidung. Dagegen legt M Einspruch ein, worauf Einspruchstermin anberaumt wird.

 

Rz. 48

Im Termin zur Verhandlung über den Einspruch ist die F nicht gehindert, die Einrede der Schiedsvereinbarung zu erheben. Zwar hat sie mit dem Antrag auf Erlass einer Versäumnisentscheidung (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 330 ZPO) einen Sachantrag gestellt. Da der M jedoch in der Verhandlung nicht vertreten war, stellt diese Antragstellung kein mündliches Verhandeln im Sinne § 1032 Abs. 1 ZPO dar.[32]

 

Rz. 49

Ist seitens der Parteien ein Schiedsgericht n...

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