Rz. 371
§ 1058 ZPO befasst sich unter anderem mit dem Fall, dass ein Schiedsspruch unvollständig oder gar fehlerhaft ist. Die Norm findet ihre Entsprechung für Verfahren vor den staatlichen Gerichten in den §§ 319 bis 321 ZPO, unterscheidet sich von diesen aber dadurch, dass dem Schiedsgericht auch die Möglichkeit gegeben ist, eine eigene Auslegung seines Schiedsspruchs dann vorzunehmen, wenn sich ein Bedarf hierfür ergibt.
1. Berichtigung
Rz. 372
Nach § 1058 Abs. 1 Nr. 1 ZPO können Rechen-, Schreib- und Druckfehler oder Fehler ähnlicher Art im Schiedsspruch berichtigt werden. Diese Berichtigung kann das Schiedsgericht nach Abs. 4 auch ohne Antrag vornehmen. Im Übrigen können die Parteien aber auch einen entsprechenden Antrag stellen. Dieser ist, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, innerhalb eines Monats nach Zugang des Schiedsspruchs zu stellen. Das Schiedsgericht soll über diesen Antrag wiederum innerhalb eines weiteren Monats entscheiden.
Rz. 373
Hinsichtlich der Frage, welche Fehler der Berichtigung unterliegen kann auf § 319 ZPO und die dazu ergangene Rechtsprechung verwiesen werden. Danach können solche Fehler berichtigt werden, die dem Schiedsgericht bei der Verlautbarung des Willens, nicht bei seiner Willensbildung unterlaufen sind. Es ist also der wahre Wille des Gerichts im Zeitpunkt der Entscheidung zu ermitteln.
Rz. 374
Berichtigt werden kann der Schiedsspruch in allen Teilen, also in den ausgesprochenen Nebenfolgen ebenso wie in der Hauptsache. Dabei kann der Tenor gegebenenfalls auch in sein Gegenteil verkehrt werden. Zulässig ist es auch, dem Tenor einen vollstreckungsfähigen Inhalt zu geben, wenn dieser bis dahin gefehlt hat.
Rz. 375
Die Entscheidung erfolgt durch einen neuerlichen Schiedsspruch, für den auch die Form des § 1054 ZPO gilt, da es sich um einen Bestandteil des ursprünglichen Schiedsspruchs handelt. Auch der korrigierte Beschluss muss also schriftlich erlassen werden, er muss durch alle Schiedsrichter unterschrieben sein, er muss das Datum und den Ort der Entscheidung angeben und kurz begründet werden. Die schließlich berichtigte Fassung des Schiedsspruchs ist dann die einzig maßgebliche.
2. Ergänzung
Rz. 376
Nach Abs. 1 Nr. 3 der Norm besteht die Möglichkeit der Ergänzung des Schiedsspruchs. Diese Regelung knüpft an § 321 ZPO an, der die Ergänzung von Urteilen ermöglicht. Voraussetzung für eine Ergänzung des Schiedsspruchs ist, dass das Schiedsgericht es im schiedsgerichtlichen Verfahren unterlassen hat, über einen Anspruch, der geltend gemacht worden ist, zu entscheiden. Es können also nicht etwa neue, bislang nicht geltend gemachte Ansprüche nachgeschoben werden.
Rz. 377
Beispiel
Die Eheleute M und F streiten im schiedsgerichtlichen Verfahren über den Anspruch der F auf Zahlung von Unterhalt für die Dauer des Getrenntlebens sowie für die Zeit nach Rechtskraft der Ehescheidung. Das Schiedsgericht entscheidet nur über den Anspruch für die Zeit nach Rechtskraft der Ehescheidung und vergisst, auch den Unterhalt für die Zeit der Trennung zu bescheiden.
Rz. 378
Im oben genannten Beispielsfall wäre die Entscheidung ungewollt eine Teilentscheidung. In diesem Fall besteht die Möglichkeit, den noch fehlenden Teil der Entscheidung durch einen neuerlichen Schiedsspruch nachzuholen. Ergänzt werden können auch fehlende Nebenentscheidungen, etwa solche über die Kosten des Verfahrens.
Rz. 379
Die Ergänzung des Schiedsspruchs erfolgt auf Antrag einer der Parteien, wobei auch dieser Antrag innerhalb eines Monats nach Empfang des Schiedsspruchs zu stellen ist, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Eine Ergänzung von Amts wegen sieht das Gesetz nicht vor.
Rz. 380
Anders als über die Berichtigung braucht das Schiedsgericht über den Ergänzungsantrag erst innerhalb von 2 Monaten zu entscheiden. Wie auch im Berichtigungsverfahren ist die Fristüberschreitung allerdings folgenlos.
Rz. 381
Der Ergänzungsschiedsspruch ist, wiederum anders als die Berichtigungsentscheidung, nicht Bestandteil des ursprünglichen Schiedsspruchs, weshalb beide Teile der Entscheidung, also der ursprüngliche Schiedsspruch wie der Ergänzungsschiedsspruch, selbstständig für vollstreckbar erklärt werden müssen.
3. Auslegung
Rz. 382
§ 1058 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eröffnet dem Schiedsgericht schließlich die Möglichkeit, auf Antrag einer oder beider Parteien bestimmte Teile des Schiedsspruchs auszulegen. Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, ist der Auslegungsantrag innerhalb einer Frist von einem Monat nach Empfang des Schiedsspruchs zu stellen. Das Schiedsgericht soll über diesen Antrag sodann innerhalb einer Frist von einem Monat entscheiden.
Rz. 383
Eine Auslegung der Entscheidung eines staatlichen Gerichts ist im Gesetz nicht vorgesehen. Sie ist im Schiedsverfahren möglich und geboten, wenn der Schiedsspruch nach seine...