Rz. 9
Eine Anwendung der §§ 305 ff. BGB kommt grundsätzlich auch im Fall des Anstellungsvertrags von Organmitgliedern in Betracht, soweit die Vertragsbedingungen – was hier im Vergleich zu Arbeitnehmern praktisch häufiger der Fall sein dürfte – nicht im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt wurden. Praktische Relevanz hat dies vor allem mit Blick auf Anstellungsverträge von GmbH-Geschäftsführern oder Vorständen einer Aktiengesellschaft.
Rz. 10
Die in § 310 Abs. 4 S. 1 BGB nach wie vor vorgesehene Bereichsausnahme für den Bereich des Gesellschaftsrechts steht einer Anwendung der §§ 305 ff. BGB auf den Anstellungsvertrag eines Organmitglieds nicht entgegen. Der Anstellungsvertrag ist kein "Vertrag auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts" in diesem Sinne. Gemeint sind hiermit nämlich nach h.A. lediglich Regelungen zur Organisationsverfassung der Gesellschaft sowie der mitgliedschaftlichen Beziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern. Der Anstellungsvertrag des Organmitglieds regelt dagegen lediglich die schuldrechtliche Austauschbeziehung zwischen Organ und Anstellungsgesellschaft und unterfällt nicht der gesellschaftsrechtlichen Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 S. 1 BGB.
Nach Auffassung des BAG handelt sogar jedenfalls der (Fremd-)Geschäftsführer einer GmbH bei Abschluss seines Anstellungsvertrags als "Verbraucher", so dass bei Anwendung der §§ 305 ff. BGB die in § 310 Abs. 3 BGB vorgesehenen Besonderheiten zu berücksichtigen sind.
Rz. 11
Nicht abschließend geklärt ist, ob und ggf. wie bei der AGB-rechtlichen Überprüfung des Anstellungsvertrags eines Organmitglieds gemäß oder analog § 310 Abs. 4 BGB die "im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten" zu berücksichtigen sind. An sich ist der Dienstvertrag eines Geschäftsführers oder Vorstandsmitglieds gerade kein Arbeitsvertrag, so dass auf den ersten Blick eine Berücksichtigung arbeitsrechtlicher Besonderheiten nicht angezeigt erscheint. Dies kann allerdings zu Wertungswidersprüchen führen: So kann es etwa dazu kommen, dass belastende Regelungen unter Berücksichtigung der im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten in einem Arbeitsvertrag als wirksam angesehen werden, weil sie im Arbeitsrecht etwa seit jeher üblich sind. Es erscheint fragwürdig, eine solch belastende Regelung im Anstellungsvertrag eines tendenziell sozial "stärkeren" und damit weniger schutzwürdigen Organmitglieds deshalb als unwirksam anzusehen, weil hier etwa die Üblichkeit der Regelung mangels Anwendbarkeit des § 310 Abs. 4 S. 2 BGB auf den ersten Blick keine Berücksichtigung finden kann. Bisweilen wird daher für eine analoge Anwendbarkeit des § 310 Abs. 4 S. 2 BGB auf Anstellungsverträge von Organmitgliedern plädiert.