Rz. 45
Besonders zu betonen ist hier zunächst, dass nach dem Wortlaut des § 305 Abs. 1 S. 3 BGB Allgemeine Geschäftsbedingungen allerdings nur insoweit nicht vorliegen, als die jeweiligen Vertragsbedingungen konkret ausgehandelt wurden. Es kann und wird daher häufig dazu kommen, dass nur einzelne Teile eines Arbeitsvertrags als Individualabrede einer AGB-Kontrolle entzogen sind, im Übrigen eine AGB-Kontrolle aber durchaus durchzuführen ist. In einem solchen Fall eines partiellen Aushandelns der Vertragsbedingungen kommt es dann auch dazu, dass die ausgehandelten und die nicht ausgehandelten Teile eines Vertrags an unterschiedlichen Maßstäben zu messen sind.
Rz. 46
Hinsichtlich des ausgehandelten Teils des Vertrages scheidet eine Kontrolle anhand der §§ 305 ff. BGB aus. Ebenso kommt hier nach h.M. in aller Regel auch keine Inhaltskontrolle im Sinne einer allgemeinen Angemessenheitskontrolle in Betracht, wie sie durch das BAG vor Erstreckung der AGB-Kontrolle auf arbeitsrechtliche Verträge vorgenommen wurde. Es widerspräche dem gesetzgeberischen Willen, wenn man hier regelmäßig eine den §§ 305 ff. BGB zumindest stark angenäherte Prüfung und damit eine Art "AGB-Kontrolle durch die Hintertüre" vornehmen würde. Die §§ 305 ff. stellen eine abschließende Konkretisierung des Gebots von Treu und Glauben hinsichtlich einer allgemeinen, den Inhalt der Regelung überprüfenden Angemessenheitskontrolle dar. Werden die Vertragsbedingungen im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt, ist grds. davon auszugehen, dass beide Parteien ihre Interessen selbst angemessen vertreten können. Einer Partei ist es – bis zur Grenze der Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit i.S.v. §§ 134, 138 BGB – unbenommen, auch für sie ungünstige und nachteilhafte Vertragsbedingungen durchzusetzen oder auch zu akzeptieren. Eine an § 242 BGB ausgerichtete Inhaltskontrolle findet daher im Grundsatz hier nicht statt.
Rz. 47
Vollständig ausgeschlossen ist eine Angemessenheitskontrolle allerdings auch im Fall von grds. der AGB-Kontrolle entzogenen Individualabreden nicht: Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Schutzauftrags des Richters geht das BAG davon aus, dass eine richterliche Kontrolle bei strukturellen Störungen der Vertragsparität geboten ist. Gemeint sind hiermit die Fälle, in denen etwa der Arbeitgeber seine wirtschaftliche Überlegenheit ausnutzt, um ein für den Arbeitnehmer – insbesondere mit Blick auf die vertraglichen Hauptleistungspflichten – ungünstiges Verhandlungsergebnis durchzusetzen. In solchen Fällen kann es nach Auffassung des BAG Aufgabe des Richters sein, der Vertragsparität mit den Mitteln des Zivilrechts Geltung zu verschaffen.