Rz. 22
Der Anwendungsausschluss des § 310 Abs. 4 S. 1 BGB greift nur dann ein, wenn die jeweilige Kollektivregelung normativ für das Arbeitsverhältnis gilt. Bei Tarifverträgen ist hier also eine beiderseitige Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien bzw. die Allgemeinverbindlichkeit des Tarifvertrags Voraussetzung für den Ausschluss einer AGB-Kontrolle.
Gilt ein Tarifvertrag oder (was praktisch seltener sein dürfte) eine Betriebsvereinbarung nicht normativ, sondern erst kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme, so scheitert eine AGB-Kontrolle jedenfalls nicht an § 310 Abs. 4 S. 1 BGB. Ein Ausschluss der Inhaltskontrolle kann allerdings auch dann immer noch aus § 310 Abs. 4 S. 3 BGB i.V.m. § 307 Abs. 3 BGB folgen, weil es sich um eine lediglich deklaratorische Klausel handelt, die etwa lediglich den Wortlaut eines Tarifvertrags wiederholt.
Rz. 23
Ansonsten kommt in den Fällen der arbeitsvertraglichen Inbezugnahme eines Tarifvertrags oder einer Betriebsvereinbarung eine AGB-Kontrolle sowohl der im Arbeitsvertrag enthaltenen Bezugnahmeregelung als auch der in Bezug genommenen Kollektivregelung selbst in Betracht. Klarzustellen ist insoweit, dass § 310 Abs. 4 S. 1 BGB eine Inhaltskontrolle der arbeitsvertraglichen Inbezugnahmeregelung selbst nicht ausschließt. Enthält also der Arbeitsvertrag eine Regelung dergestalt, dass auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge einer bestimmten Branche Anwendung finden sollen, so unterliegt diese vertragliche Regelung grds. der AGB-Kontrolle und muss insbesondere klar und verständlich formuliert sein.
Rz. 24
Die Beantwortung der weiteren Frage, inwieweit und mit welchen Folgen darüber hinaus die in Bezug genommenen tariflichen Regelungen (oder auch Bestimmungen einer nur kraft vertraglicher Inbezugnahme geltenden Betriebsvereinbarung) einer bei nicht normativer Geltung grds. denkbaren Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB unterliegen, ist im Einzelfall schwierig und hängt stark von der konkreten Ausgestaltung der vertraglichen Inbezugnahme im Einzelfall ab. So kommt etwa der Frage große Bedeutung zu, ob der Arbeitsvertrag einen grds. für das Arbeitsverhältnis einschlägigen oder aber einen "sachfremden" Tarifvertrag in Bezug nimmt. Weiter macht es einen Unterschied, ob ein Tarifvertrag insgesamt oder lediglich ausgewählte, etwa den Arbeitnehmer belastende Regelungen in Bezug genommen werden. Wegen der Einzelheiten sei an dieser Stelle auf die Ausführungen zur AGB-Kontrolle von Bezugnahmeklauseln weiter unten verwiesen.