Rz. 48
Begrifflich bedeutet "Aushandeln" sicher mehr als eine schlichte Erläuterung der Klausel durch den Verwender und auch mehr als schlichtes Verhandeln. Der bloße Umstand, dass während der Vertragsverhandlungen über bestimmte Regelungen des Vertrags – etwa im Sinne eines verbalen Schlagabtauschs – diskutiert wird, genügt also für die Annahme eines "Aushandelns" nicht. Ebenso soll die allgemein geäußerte Bereitschaft, bestimmte Vertragsbedingungen auf Wunsch des potentiellen Vertragspartners zu ändern, nicht genügen. Ein Aushandeln liegt ferner dann nicht vor, wenn der Verwender seinen Vertragspartner lediglich vor die Wahl stellt, die vorformulierten Vertragsbedingungen zu akzeptieren oder vom Vertrag Abstand zu nehmen oder wenn sich die Parteien lediglich pauschal über die Verwendung des vorformulierten Vertragsmusters des Verwenders verständigen.
Die Rechtsprechung verlangt vielmehr, dass der gesetzesfremde Kerngehalt der maßgeblichen Vertragsregelungen seitens des Verwenders "ernsthaft zur Disposition gestellt" und dem Verwendungsgegner "Gestaltungsfreiheit zur Wahrung seiner Interessen" eingeräumt wird. Es muss die reale Möglichkeit bestehen, dass der Vertragspartner des Verwenders Einfluss auf den Inhalt der Regelung nehmen kann.
Nicht zwingend ausschlaggebend ist dagegen, ob die vorformulierte Regelung im Ergebnis abgeändert wird oder nach ernsthafter Verhandlung am Ende vielleicht doch in exakt der Form vereinbart wird, wie sie zunächst vom Verwender vorgeschlagen wurde. Unter der Voraussetzung, dass die Vertragsregelung deutlich und ernsthaft zur Disposition gestellte wurde, kann auch dann noch von einem "Aushandeln" ausgegangen werden, wenn sich die Parteien nach gründlicher Erörterung zur Beibehaltung der vorformulierten Regelung entschließen.
Rz. 49
Hinzuweisen ist schließlich darauf, dass sich der Verwender – im arbeitsrechtlichen Kontext der Arbeitgeber – nicht etwa dadurch von den Beschränkungen einer AGB-Kontrolle befreien kann, indem er in den vorformulierten Vertrag eine sog. "Aushandlungsklausel" aufnimmt, laut der er zur Verhandlung über alle Vertragsregelungen bereit war und der Vertrag insgesamt Gegenstand eingehender Verhandlungen zwischen den Parteien gewesen ist. Eine solche Klausel ist ihrerseits nach § 309 Nr. 12 BGB als unzulässige Abänderung der gesetzlichen Beweislastregeln unwirksam. Die Beweislast dafür, dass Vertragsbedingungen im Einzelnen ausgehandelt wurden, liegt nämlich nach allgemeinen Grundsätzen beim Verwender, d.h. beim Arbeitgeber.