1. Arbeitnehmer als "Verbraucher"
Rz. 26
Von entscheidender und weichenstellender Bedeutung für die Anwendung der §§ 305 ff. BGB im Rahmen der Kontrolle vertraglicher Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist die Tatsache, dass die Rechtsprechung den Arbeitnehmer als "Verbraucher" i.S.d. § 310 Abs. 3 BGB einstuft. Von großer Bedeutung ist dies deshalb, weil § 310 Abs. 3 BGB für Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern (sog. Verbraucherverträge) eine Anwendung der §§ 305 ff. BGB mit einigen Besonderheiten vorsieht:
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So "gelten" Allgemeine Geschäftsbedingungen grds. als vom Unternehmer gestellt (§ 310 Abs. 3 Nr. 1 BGB). Dem Verbraucher wird also an dieser Stelle die Feststellung bzw. die Beweisführung hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals des "Stellens" der Vertragsbedingung durch den Verwender erleichtert. |
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§ 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB ordnet ferner an, dass zumindest wichtige Teile der §§ 305 ff. BGB (namentlich die §§ 305c Abs. 2, § 306, §§ 307–309 BGB) auf vorformulierte Vertragsbedingungen in einem Verbrauchervertrag auch dann anzuwenden sind, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, der Verbraucher jedoch aufgrund der Vorformulierung auf Ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. |
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Schließlich sieht § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB noch vor, dass im Falle eines Verbrauchervertrags bei der Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1, 2 BGB auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen sind. |
Auf den ersten Blick mag die Auffassung der Rechtsprechung überraschend erscheinen, da natürlich gerade der Abschluss des Arbeitsvertrags einer Tätigkeit zuzurechnen ist, die auch der Arbeitnehmer durchaus "professionell" ausübt. Ausgangspunkt für den Befund der Rechtsprechung ist allerdings die Legaldefinition des Verbraucherbegriffs in § 13 BGB, wonach Verbraucher jede natürliche Person ist, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Von diesem Wortlaut ausgehend stellt das BAG fest, dass ein Arbeitnehmer diese Voraussetzungen erfüllt, weil der Abschluss des Arbeitsvertrags bzw. eine Änderung oder auch Aufhebung des Arbeitsvertrags einer unselbstständigen, abhängigen und gerade keiner selbstständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnen ist. Zudem spreche – so das BAG weiter – auch die Entstehungsgeschichte des § 13 BGB dafür, den Arbeitnehmer als "Verbraucher" einzuordnen. Mit dem Wegfall der früheren Bereichsausnahme des AGB-Rechts für arbeitsrechtliche Verträge im Zuge der Reform des Schuldrechts habe der Verbraucherbegriff einen Bedeutungswandel erfahren.
Auch wenn die die Verbrauchereigenschaft des Arbeitnehmers bejahende Rechtsprechung bisweilen Kritik erfährt, hat sich der Vertragsgestalter bzw. Rechtsanwender in der Praxis auf die inzwischen wohl als gefestigt zu bezeichnende Rechtsprechung einzustellen und dementsprechend die vorgenannten Besonderheiten bei der Gestaltung und Überprüfung von arbeitsrechtlichen Vereinbarungen zu berücksichtigen.
2. Arbeitgeber als "Unternehmer"
Rz. 27
Neben der Frage, ob der Arbeitnehmer als "Verbraucher" einzuordnen ist, setzt das Vorliegen eines Verbrauchervertrags i.S.d. § 310 Abs. 3 BGB ferner voraus, dass der Arbeitgeber seinerseits als "Unternehmer" i.S.d. § 14 BGB handelt. Dies ist in aller Regel der Fall, weil der Arbeitgeber bei Einstellung von Arbeitnehmern in aller Regel in Ausübung seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handeln wird. Fehlen kann es an der Unternehmereigenschaft des Arbeitgebers dann, wenn dieser einen Arbeitsvertrag zu rein privaten Zwecken, z.B. zum Zwecke der Erbringung von Arbeitsleistungen im Rahmen des eigenen Haushalts, abschließt.
3. Arbeitnehmerähnliche Personen
Rz. 28
Wohl noch nicht abschließend geklärt ist die Frage, ob sog. "arbeitnehmerähnliche Personen" als Verbraucher i.S.d. § 310 Abs. 3 i.V.m. § 13 BGB einzuordnen sind. Eine solch arbeitnehmerähnliche Person ist im Gegensatz zu einem Arbeitnehmer gerade nicht persönlich abhängig, zeichnet sich aber durch eine der Situation eines Arbeitnehmers sehr vergleichbare wirtschaftliche Abhängigkeit und soziale Schutzbedürftigkeit aus. Aufgrund der Selbstständigkeit ihrer Tätigkeit sind jedoch nach zutreffender Auffassung arbeitnehmerähnliche Personen in aller Regel nicht als Verbraucher i.S.d. § 310 Abs. 3 BGB einzuordnen.